Wie deine Yogapraxis deine ayurvedische Konstitution ausgleicht und welche Yoga Übungen deiner Natur wirklich gut tun.
Ayurveda und Yoga sind Schwesternwissenschaften. Ihren Ursprung haben die beiden in Indien. Die ältesten schriftlichen Hinweise des Ayurveda wie die Charaka Samhita, die Sushruta Samhita und die Ashtanga Hridaya Samhita [1] sind um die 2.000 Jahre alt. Der Yoga ist ungefähr genauso alt [2].
Als eine der ältesten traditionellen medizinischen Wissenschaften des Menschen, ist der Ayurveda ein ganzheitliches Gesundheitssystem. Der Begriff Ayurveda setzt sich aus zwei Wortteilen zusammen. „Ayus“ und „Veda“. Übersetzt heißt das soviel wie „Wissen vom Leben“. Ayurveda hilft dir sozusagen zu erkennen, was für dich ein gutes, gesundes Leben ausmacht und was nicht.
Yoga und Ayurveda – verbunden seit Jahrtausenden
Die Verbindung von Yoga und Ayurveda reicht zurück bis zu den Veden. Schon die Hatha Yoga Pradipika, eine der wichtigsten Yogaschriften, beschreibt die Wirkungen vieler Yoga-Übungen auf die Doshas (Bioenergien des Ayurveda), auf Agni (Verdauungsfeuer) und auf Ama (Unverdautes) [3].
T. Krishnamacharya, der als Lehrer von B.K.S. Iyengar, Patthabi Jois oder T.K.V. Desikachar den für uns bekannten Yoga maßgeblich geprägt hat, beschäftigte sich mit Ayurveda und bereitete des weiteren ayurvedischen Rezepturen zu [4]. Auch Geeta Iyengar, Tochter von B. K. S. Iyengar und Autorin von „Yoga für die Frau“, hatte einen Doktorinnentitel in Ayurveda und ließ ihr Ayurveda Wissen infolgedessen ihren Unterricht einfließen [5].
Yoga nach Ayurveda – Deine Yogapraxis für deine ayurvedische Konstitution
Das ayurvedische Wissen, basierend auf den Doshas (Bioenergien), kann deine Yogapraxis sehr bereichern. Und genauso umgekehrt. Der Ayurveda kennt 3 Doshas: Vata, Pitta und Kapha. Sie beschreiben als Grundenergien alle Prozesse in der Welt und in dir.
Als nächstes findest du Anregungen dazu, wie du deine Yogapraxis gemäß deiner Ayurveda Konstitution gestalten kannst!
Vata und Yoga – Hauptsache Bewegung
Vata ist das Bewegungsprinzip des Ayurveda und setzt sich aus den Elementen Raum (Äther) und Luft zusammen. Geprägt von Leichtigkeit und Bewegungsdrang ist Vata neugierig. Dazu ist dieses Dosha immer auf der Suche nach Abwechslung und Neuem, voller Ideen und Begeisterung. Hast du viel Vata in dir, probierst du möglicherweise gerne unterschiedliche Yogastile aus. Ein zu hohes Vata führt jedoch zu Unruhe, Angst und der Schwierigkeit zur Ruhe zu kommen.
Zu viel Vata? Diese Yogapraxis nach Ayurveda kann helfen
Vata ist Leichtigkeit und Bewegung, deshalb braucht es zum Ausgleich Erdung und Stabilität. Am besten findest du diese in einer langsamen Yogapraxis beziehungsweise in ruhigen Yogastilen. Hierzu eignen sich entsprechend Restorative Yoga oder Yin Yoga. Allerdings ist eine ganz ruhige Yogastunde ist für stark vata-getriebene Yoginis zu Beginn meist gar nicht so einfach. Du kannst daher versuchen zu kombinieren: Ein dynamischer Stundenanfang (zum Beispiel ein langsam praktizierter Flow) befriedigt den Bewegungsdurst des Vata, weil die rhythmische Bewegung die Gedanken zur Ruhe bringt. Beende anschließend deine Praxis mit erdenden Asanas (wie zum Beispiel einigen Yoga Übungen aus dem Restorative Yoga wie Supta Baddha Konasana oder Viparita Karani).
Die von Vata benötigte Erdung bringen Standhaltungen. Diese eignen sich übrigens ebenfalls gut für den Beginn deiner Yogastunde. Auch Pranayama (Atemübungen) wie die Wechselatmung (Nadi Sodhana) oder das Rezitieren von Mantren sind bei hohem Vata lohnend. So wird der umherspringende Geist, unter dem wir bei hohem Vata oft leiden, nämlich ordentlich in Zaum gehalten.
Pitta und Yoga – Hauptsache weitermachen
Pitta ist das Feuerprinzip des Ayurveda und spiegelt die Elemente Feuer und Wasser wider. Es steht für Transformation und Umsetzung. Dieses Dosha ist demnach geprägt von starkem Willen, klarer Entscheidungskraft, Richtung und Freude an genauer Planung. Hast du viel Pitta in dir, bist du also ständig am Tun, neigst weiters zu einem hitzigen Gemüt und liebst Perfektionismus. Wahrscheinlich fällt es dir folglich eher schwer loszulassen.
Leistungsdruck macht übrigens bei hohem Pitta auch oft vor der Yogapraxis nicht halt. Pitta liebt dynamische Yogastile wie Vinyasa Flow, Ashtanga Yoga oder Bikram Yoga. Aber gerade Yogaformen, die innere Hitze produzieren, sind bei hohem Pitta nicht unbedingt die Besten. Aufgrund der präzisen Anleitungen wird Iyengar Yoga von Pitta mit seiner Vorliebe für Genauigkeit sehr geschätzt.
Zu viel Pitta? Diese Yogapraxis nach Ayurveda kann helfen
Eine beruhigende, entspannungsfördernde Praxis ist für Pitta (aus ihrer Sicht) eigentlich oft zu wenig fordernd, aber gleichzeitig ideal. Pitta profitiert überaus von ruhigem Hatha Yoga und einer ausgedehnten Endentspannung (Savasana). Ätherische Öle wie Rose oder Lavendel sind für Pitta optimal, da Pittas sehr gut auf Düfte reagieren. In Savasana eingesetzt, verstärken diese mitunter die beruhigende Wirkung. Eine gute Atemübung für Pitta ist Sitali Pranayama, da es kühlend wirkt und obendrein innere Ruhe bringt. Vor allem in Zeiten von Wut und Aggression, die bei hohem Pitta auftreten können.
Kapha und Yoga – Hauptsache gemütlich
Kapha ist das Stabilitätsprinzip des Ayurveda. Es spiegelt die Elemente Erde und Wasser wider. Ruhe, Gemütlichkeit, Gelassenheit und Zufriedenheit sind die Eigenschaften von Kapha. Bei hohem Kapha hast du folglich eher Probleme, in die Gänge zu kommen und bevorzugst eine ruhige, nicht allzu herausfordernde Yoga Praxis.
Zuviel Kapha? Diese Yogapraxis nach Ayurveda kann helfen
Kapha darf Yoga ruhig dazu nützen, um in Bewegung zu kommen. Dadurch gerät die stagnierende Energie nämlich ins Fließen. Und nebenher kommt die Kapha Natur so richtig ins Schwitzen. Hierfür eignen sich Sonnengrüße, Vinyasa Flow Yoga oder Power Yoga sehr gut. Abgesehen davon: wärmende, aktivierende Atemübungen wie Kapalabhati oder der Feueratem aus dem Kundalini Yoga reduzieren Kapha genauso.

Ayurveda – ein Weg zu deinem Gleichgewicht
Das Hauptziel des Ayurveda ist es im Grund genommen, dich in deine ursprüngliche Balance zu bringen. Wenn du die Ayurveda Doshas verstehst, hast du somit ein Werkzeug, das dich immer wieder in dein Gleichgewicht bringt. Wie du merkst, ob du aus deiner Balance geraten bist? Kurz gesagt: wenn du dich nicht gut fühlst.
Je mehr du demnach darüber weißt, welches Dosha gerade vorherrschend ist und wie du es – auch mithilfe deiner Yogapraxis – ausgleicht, desto mehr stellt sich infolgedessen Gesundheit auf allen Ebenen bei dir ein.
© Rita Longin, Dipl. Ayurveda-Praktikerin, Ernährungswissenschafterin
Quellen
[1] Wikipedia Eintrag über die Charaka Samhita,
The ancient ayurvedic writings
Rosenberg, Kerstin: Die Ayurveda-Ernährung. Südwest, 2013. S. 9.
[2] Trökes, Anna: Die kleine Yogaphilosophie. O.W. Barth, 2013. S. 23.
[3] Ayurveda in der Hatha Yoga Pradipika – Kongressvortrag mit Sukadev Bretz von Yoga Vidya
[4] Desikachar, T. K. V.: Yoga. Heilung von Körper und Geist jenseits des Bekannten. Theseus, 2012. S. 123.
Yoga Rahasya Vol. B, RIMYI & LOYRT, 1998, S. 121.
[5] Iyengar, Gita: Yoga für die Frau. O.W. Barth, 1993. S. 10.
Interview mit Mark Tully mit Geeta Iyengar
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