Bei einem Yoga-Retreat trifft man beeindruckende Menschen. Nicht nur dort, aber besonders in dieser entspannten Atmosphäre ergibt sich die Möglichkeit, achtsam zuzuhören. Menschen erzählen, weshalb sie sich das Leben genauer anschauen und in tiefere Ebenen eintauchen. Sie bringen meist eine besondere Geschichte mit. Die einzigartige Geschichte von Bettina Olschowka geht definitiv unter die Haut. Sie hat sich mir im Zweiergespräch nach ihrer wunderbaren Yogastunde im Hotel Trattlerhof in Bad Kleinkirchheim geöffnet.
„Dank Yoga kann ich wieder laufen, sonst säße ich im Rollstuhl.“ Dieser Aussage musste ich einfach auf den Zahn fühlen und Bettina blickt in ihre Vergangenheit. Der Klang ihrer Stimme lässt ahnen, sie kommt aus dem deutschen Nachbarland, ursprünglich aus dem Ruhrgebiet und ist dort in einer Arbeiterfamilie aufgewachsen. Bettina ist mittlerweile eine gestandene Mitt-Fünfzigerin, die seit über 10 Jahren als Yogatherapeutin und Gesundheitstrainerin erfolgreich aktiv ist.
Wie kommt man von der Zahnarztpraxis auf die Yogamatte?
Ihre Karriere hat Bettina als Zahnarzthelferin begonnen, wo sich rasch eine bückende Fehlhaltung in ihrer Wirbelsäule manifestierte. „Ich bin im 90-Grad-Winkel durch die Praxis gelaufen und habe mich mit Cortison fit spritzen lassen. Der strenge Arzt wurde von der deutschen Marine ausgebildet und 1984 gab es kein Pardon am Arbeitsplatz.“ Bereits in der Jugend wurde sie mit einem 2,5cm Beckenschiefstand diagnostiziert und der erste Bandscheibenvorfall war nicht weit. Fasziniert von der Medizin, wäre eine Anstellung als Krankenschwester dennoch ihr Herzensweg gewesen.
Stattdessen verschlug es diese beeindruckende Frau von der Arztpraxis auf den Bürosessel und Bettina wurde erst EDV-Sachbearbeiterin, dann Chefsekretärin, machte einen Ausflug in den Handel als Bäckerei- und Fleischfachverkäuferin um schlussendlich Österreichs Pisten als Skilehrerin zu erkunden und die wunderbare Welt des Yoga zu erleben. 5 Ausbildungswege hat sie in ihrem Leben eingeschlagen, im Bereich Gesundheit und Fitness ist sie geblieben, zum Glück.
Was der Rücken nicht mehr tragen kann und Dinge, die du nicht mehr hören willst
„Ich erlitt mehrere Bandscheibenvorfälle im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule. Die Muskeln befanden sich nur noch in Kontraktion und der Rücken zog sich zusammen. Die Last des Lebens war zu groß und was die Beine und der Rücken nicht mehr tragen konnten, hat sich gezeigt. Dazu gesellte sich ein Tinnitus, der sich in einem Gehörsturz ‚Gehör verschaffte‘. Dinge, die du nicht mehr hören willst, …. Mein Körper hat dann auch noch diverse Allergien entwickelt und in Summe laut geschrien.“
Die alles entscheidende Nacht mit 32 Jahren bugsierte sie ins Leben zurück
Der Arzt konnte seinen Augen nicht trauen, als er das Röntgenbild anstarrte: ‚verlieren Sie niemals ihren Pass, Ihr Alter glaubt ihnen keiner‘, wandte er sich an Bettina. Die Röntgenbilder der Wirbelsäule zeigten eher das einer alten Frau. Im Rücken traten Lähmungserscheinungen auf und Hirnflüssigkeit trat aus, ein Kreuzstich wurde gesetzt. Bettina wusste, jetzt muss sie sich krampfhaft wachhalten, denn wenn sie die Augen schließe, sei es für immer – keine Option für die zweifache Mama.

Der anthroposophische Weg, die ganzheitliche Betrachtung oder eben „das Alternative“
Die Götter in Weiß wollten keinen Widerspruch hören, doch alternative Heilmethoden überzeugten ihren Körper und halfen besser als Cortison. Nach fast 200 Spritzen war sie wieder auf den Beinen und stellte vollständig um auf Homöopathie und pflanzliche Wirkstoffe. Die Krankengymnastik bei den zahlreichen Klinikaufenthalten trug zur Stabilisation bei, kompensierte aber nur bedingt den entstandenen Schaden. Ausgestattet mit einer enormen Kraft und Sensibilität spürte Bettina bewusst in sich hinein, erkannte Kontraindikationen und befasste sich immer stärker mit Kinästhetik und Sensomotorik.
„Hinfallen, Krone richten, weitermachen.“
Es gab nur eine Richtung, und zwar mit Vollgas zurück ins Leben. Als Ehefrau und Mama zweier Adoptivkinder wollte sie aktiv sein, wandern und Skifahren. „Ich ging täglich eine Stunde schwimmen, hatte einen eigenen Crosstrainer, war am Rudergerät und am Fahrrad aktiv. Yoga als Lebensweg gepaart mit dem medizinischen Background halfen mir nach und nach die Art zu leben zu verändern. Ich bin immer besser bei mir geblieben, konnte mich fokussieren, war weniger fremdbestimmt durch Familienmitglieder oder im Arbeitsumfeld. Mithilfe von Gesprächstherapie habe ich gelernt loszulassen. Die Mentaltrainer-Ausbildung nach Kurt Tepperwein ergänzte dieses Wissen gut.“
Ein Umzug aufs Land vom Ruhrpott nach Bad Kleinkirchheim im Jahr 2008
„Als Jugendliche verbrachte ich meinen ersten Urlaub mit den Großeltern in Seeboden am Millstätter See. Ich habe sie stets in den Urlaub gefahren und am Ende wieder abgeholt. Dann wurden es 4 Urlaube zu jeder Jahreszeit und der Abschied wurde von Mal zu Mal schwieriger. Zum allgemeinen Wohlbefinden wurde der Beschluss als Familie gefasst, ein ruhigeres Leben hier in der Natur zu führen, das auch dem Körper guttat,“ vollendet Bettina.
Universitäre Yogaausbildung und thermale Freuden
Kärnten wurde nicht nur ihre Wahlheimat, sondern auch die Basis ihrer Yogaausbildung am Sportzentrum der Universität Klagenfurt. Darauf aufgebaut hat Bettina mit der Ausbildung zur Yogatherapeutin und Gesundheitstrainerin über die Yogaakademie Austria in Graz bei Dr. Gilda Wüst. Bettina mischt bei ihrem Stil Hatha & Poweryoga indoor und im Freien. Die erfahrene Yogalehrerin gibt Kurse in der Therme Kathrein, im Hotel Pulverer und im Hotel Trattlerhof in Bad Kleinkirchheim. Am Trattlerhof im Zuge des Yogaretreats Nock/Spirit kann man sie vom 5.-9. Oktober 2022 wieder antreffen. An dieser Stelle gilt Bettina ein großes Dankeschön für die nicht selbstverständlichen Einblicke in ihre private und berufliche Vergangenheit, die dennoch so viel Hoffnung streut und zeigt, was ein Mensch imstande ist aus sich zu machen. Mit einer bewussten Innenschau und regelmäßiger Praxis, kann der trainierte Geist dem trainierten Körper das Leben retten.