Yoga wird traditionell schon seit Tausenden von Jahren praktiziert und hat in letzter Zeit im Westen einen großen Popularitätsschub erfahren. Viele Fitnessstudios, Firmen, Spas und Arztpraxen haben begonnen, Yoga-Kurse als Ergänzung zu ihren anderen Dienstleistungen anzubieten. Und natürlich gibt es an jeder Ecke Yogastudios, die eine Vielzahl von Kursen anbieten, von Vinyasa über Hatha bis Kundalini und Ashtanga. Aber wir wollen hier nicht weiter ins Detail gehen…
Wichtig ist, dass all diese verschiedenen Arten von Yoga auf denselben heiligen Text zurückgehen: die Bhagavad Gita. Diese “Bibel des Yoga” ist eigentlich ein Gedicht, das auf einem Schlachtfeld spielt und den Leser über Liebe, Glück, Frieden und den Umgang mit dem “Schlachtfeld des Geistes” lehrt. In den alten Zeiten, als die Bhagavad Gita geschrieben wurde, gab es nur eine einzige Yogastellung – den Lotussitz, auch bekannt als Schneidersitz. Diese Haltung sollte während der Meditation eingenommen werden und ist auch heute noch ein fester Bestandteil vieler Yogakurse.
Die körperliche Praxis des Yoga hat sich seither erheblich weiterentwickelt, was leider zu vielen falschen Vorstellungen über Yoga geführt hat. Du musst weder ein bestimmtes Alter oder eine bestimmte Größe haben, um Yoga zu praktizieren, noch musst du flexibel oder stark sein.

Yoga ist für jeden geeignet, und die Stellungen selbst sind auch dann noch nützlich, wenn sie an deinen individuellen Körper angepasst werden. Jede Pose – auch Asana genannt – wirkt auf die folgenden Körpersysteme:
- Muskel-Skelett-System – in den verschiedenen Yogastellungen trägst du das Gewicht durch deine Gelenke und benutzt deine Muskeln, um jede Stellung zu halten.
- Atmung – Yogalehrer betonen die tiefe Atmung während der Haltungen und können sogar spezielle Atemtechniken während der Meditation einbauen, um den Körper mit frischem Sauerstoff zu versorgen
- Nervensystem – wenn die Posen in einer Abfolge geübt werden, führt ihre kumulative Wirkung zu einer Verringerung der Aktivität unseres “Kampf- oder Flucht”-Nervensystems, was zu weniger Stress und Angst führt
Auch dein Stoffwechsel, dein Blutdruck und insbesondere dein Stresspegel profitieren von Yoga und dadurch langfristig auch deine allgemeine Gesundheit. Um den Kopf frei zu bekommen und die Anspannung aus deinem oft stressigen Alltag von dir abfallen zu lassen, ist Yoga ebenfalls perfekt geeignet. Selbst bei Depressionen hat sich eine regelmäßige Yoga-Praxis bewährt, wie in diesem Artikel beschrieben ist.
Yoga-Übungen können dabei von jedermann praktiziert werden und es gibt vom Anfänger bis zum Fortgeschrittenen zahlreiche Positionen und Asanas, die angewendet werden können.
Lass uns nun mehr über die Funktion des Nervensystems, die Stressreaktion und die Bedeutung von “nervös” in Bezug auf Muskel-Skelett-Schmerzen erfahren.
Das Nervensystem
Das Nervensystem besteht aus zwei Bereichen: Dem zentralen und dem peripheren.
Das zentrale Nervensystem (ZNS) besteht aus dem Gehirn und dem Rückenmark, während das periphere Nervensystem (PNS) alles andere umfasst. Eine Komponente des PNS ist das autonome Nervensystem, das unwillkürlich unsere inneren Organe steuert und Dinge wie Herzfrequenz, Blutfluss, Atmung und Verdauung reguliert. Das autonome Nervensystem selbst hat zwei eigene Abteilungen: den Sympathikus und den Parasympathikus.

Diese beiden Systeme haben im Wesentlichen entgegengesetzte Funktionen. Wenn der Sympathikus eine Reaktion auslöst, arbeitet der Parasympathikus daran, diese Reaktion zu hemmen oder zu verringern. Beide Systeme arbeiten zusammen, um die Reaktion des Körpers auf die Umwelt zu steuern. Auf diese Bereiche werden wir uns konzentrieren.
Sympathisches Nervensystem
Das sympathische Nervensystem (SNS) wird oft als unser “Kampf- oder Flucht”-System bezeichnet. Wenn wir mit einer Bedrohung oder einer stressigen Situation konfrontiert werden, macht das SNS den Körper schnell handlungsbereit. Dazu gehört, dass es die Herzfrequenz erhöht, Blut aus den Organen (Magen, Darm) in die Muskeln pumpt, die Atemfrequenz erhöht und einen Schuss Glukose in den Blutkreislauf abgibt, um einen schnellen Energieschub zu erhalten.
Diese Veränderungen bereiten uns darauf vor, effektiv auf die Bedrohung zu reagieren, die sich uns bietet. Während wir uns in einer stressigen oder gefährlichen Situation befinden, sind wir uns dieser Veränderungen oft nicht bewusst. Sobald sich die Situation jedoch beruhigt hat, bemerken wir vielleicht unser schnell schlagendes Herz oder unseren leicht aufgewühlten Magen.
Diese Gefühle sind ein Ergebnis der Aktionen des SNS. Dieses System ist darauf ausgelegt, nur für kurze Zeit aktiv zu sein. Wenn du dir zum Beispiel die Hand am Herd verbrennst, reagiert dein SNS schnell und signalisiert dir, dass du deine Hand von der Hitze wegnehmen sollst. Jüngste Studien haben jedoch gezeigt, dass sich immer mehr Menschen aufgrund von Stress in einem chronischen Zustand der sympathischen Aktivierung befinden.
Wenn das SNS aktiv ist, wird das Stresshormon Cortisol ausgeschüttet, das den “Kampf- oder Flucht”-Zyklus aufrechterhält. Ein nahezu ständiger “Kampf- oder Flucht”-Zustand kann zu einer gestörten Verdauung, einem erhöhten Blutzuckerspiegel und einer beeinträchtigten Aktivität des Immunsystems führen. Außerdem kann die ständige SNS-Aktivierung zu einer erhöhten Empfindlichkeit des gesamten Nervensystems führen, die sich als “nervöse” Symptome in Armen, Händen, Beinen oder Füßen bemerkbar macht.
Wenn sie gereizt sind, kann sich das wie ein Taubheitsgefühl, Kribbeln, Brennen, Stechen, Brummen usw. anfühlen. Diese “nervösen” Symptome treten zwar häufig in den Extremitäten auf, können aber auch die Folge eines überaktiven Sympathikus sein, der sich in der Nähe der Wirbelsäule befindet. Andere Symptome eines überaktiven SNS können Kopfschmerzen, Unruhe, Angstzustände oder Schlafprobleme sein.
Parasympathisches Nervensystem
Das parasympathische Nervensystem (PNS) wird oft als unser “Ruhe- und Verdauungssystem” bezeichnet. Nach einem stressigen Ereignis sollte dieses System anspringen und den Körper in seinen Ruhezustand zurückbringen, auch bekannt als Homöostase. Das PNS arbeitet langsamer als das SNS, was ein Grund dafür ist, dass wir uns noch eine Weile gestresst fühlen können, selbst wenn sich eine bedrohliche Situation aufgelöst hat.
Wie bereits erwähnt, ist das PNS für die entgegengesetzten Aktionen des SNS verantwortlich. Wenn es aktiv ist, sollten Herzfrequenz und Atmung normal und relativ langsam sein, das Blut wird in den Magen und Darm geleitet, um die Verdauung anzuregen, und die Emotionen sollten ruhig und reguliert sein. Das ordnungsgemäße Funktionieren des PNS ist eine wesentliche Voraussetzung für Heilung, Schlaf und Erholung.
Wie Yoga das Nervensystem beruhigt
Das Wort Yoga kommt von der Wurzel “yuj”, was “jochen” oder “vereinen” bedeutet. Jeder, der Yoga praktiziert, hat eine andere Vorstellung davon, was Yoga genau vereint, aber im Allgemeinen werden die meisten Praktizierenden bestätigen, dass Yoga den Geist, den Körper und den Atem vereint.

Die wohltuende Umgebung, das gedämpfte Licht und die beruhigende Musik in einer Yogastunde tragen ebenfalls zu einer allgemeinen Entspannung bei. In Kombination mit einer Abfolge von Haltungen, die die Verbindung zwischen Muskeln und Nerven stärken, führt dies zu einer verringerten Aktivität des “Kampf- oder Flucht”-Systems und einer erhöhten Aktivierung des “Ruhe- und Verdauungssystems”.
Eine weitere Möglichkeit, wie Yoga das vegetative Nervensystem beruhigt, ist Pranayama oder Atemtechniken. Während einer Yogastunde wird dir der Lehrer Atemanweisungen geben, um die koordinierte Bewegung von Atem und Körper zu fördern. Die Forschung hat gezeigt, dass allein das Bewusstsein, dass du atmest, die Aktivität des PNS erhöht.
Das PNS kann mit den Tiefen der Ozeane und ihrer Stille verglichen werden, während das SNS mit den Wellen und Stürmen auf der Wasseroberfläche vergleichbar ist. Es ist leicht, sich in den Stürmen des täglichen Lebens zu verlieren und in einem Trott der sympathischen Aktivität stecken zu bleiben.
Yoga hilft uns, zu lernen, dass die Wellen und Stürme unvermeidlich, aber nicht unendlich sind und dass es einen Reichtum an Gelassenheit in uns gibt, den wir jederzeit aktivieren können, indem wir einfach unseren Atem benutzen.
Namaste!