Was sind Faszien? Auf jeden Fall keine neue Erfindung. Denn dabei handelt es sich um Bereiche im Körper, die schon immer vorhanden sind. Aber erst seit kurzem richtet sich auch der Blick der modernen Wissenschaft und Forschung auf sie.
Was im Yoga schon seit Jahrhunderten natürlicherweise trainiert wird, gerät neuerdings auch in den Fokus der modernen Sportwissenschaft: das Bindegewebs- bzw. Faszientraining.
Was sind Faszien?
Faszien kann man sich als Häute vorstellen, die unsere Muskeln, Organe, Nerven und Knochen umgeben. Ganz ähnlich, wie unsere physiologische Haut den Körper umgibt. Diese elastischen, schützenden und verbindenden Häute durchziehen unseren Körper wie ein riesiges Netzwerk und schicken Informationen entlang diesen Bahnen zwischen den einzelnen verschiedenen Strukturen in unserem Körper.
Die Beschaffenheit unserer Faszien variiert je nach Bedarf. Manche sind dicker, manche dünner, elastischer oder straffer. Außerdem sind sie sogar passiv an unserem Immunsystem beteiligt, da das Bindegewebe eng mit dem Lymphsystem verknüpft ist.
Aufgaben der Faszien
1. Wasserspeicher
Das Bindegewebe, zu dem die Faszien gehören, gibt unserem Körper seine Form und die Möglichkeit, Bewegungen reibungslos durchzuführen. Aber vor allem wegen dieser formgebenden Aufgabe sind unsere Faszien auch der Wasserspeicher unseres Körpers und somit eng mit dem Lymphsystem verknüpft. Wer seine Faszien gesund halten möchte, sollte also auch unbedingt darauf achten, viel Wasser zu trinken.
2. Stabilität
Das Gleichgewicht zwischen Elastizität und Flexibilität im Bindegewebe ist eine Grundvoraussetzung, dass unser Bewegungsapparat und auch unser muskuläres System funktionieren. Gesunde Faszien helfen also, muskulären Verspannungen vorzubeugen.
3. Schutzfunktion
Faszien helfen bei der Immunabwehr. Sie verbinden nicht nur, sondern wahren auch gesunde Grenzen innerhalb unseres Körpers, als Schutz vor Krankheitserregern. Darum wirken gut trainierte Faszien als Stoßdämpfer, schützen somit Muskeln und Gelenke und helfen uns, bei Verletzungen schneller zu regenerieren.
4. Kraft und Flexibilität
Faszien machen uns flexibel und kräftig. Ein gut trainiertes und geschmeidiges Faszien-Netzwerk beeinflusst die Flexibilität im Körper, die Kraftentwicklung und Kraftübertragung, aber auch die Feinmotorik einer Bewegung positiv. Darum ist nicht nur das Kräftigen der Muskeln, sondern auch das Trainieren der Dehnbarkeit so wichtig. Ohne Faszien-Aktivität wäre es auch beispielsweise gar nicht möglich, sich zu bücken und wieder nach oben zu kommen oder einen Gegenstand zu heben.
Also: durch eine gewisse Vorspannung des Faszien-Gewebes kann die Kraftleistung erheblich verbessert werden. Beim Faszien-Training werden nicht einzelne Faszien bzw. Muskeln angesprochen und trainiert, sondern gesamte Muskelketten werden synchron angesprochen. (Bei Gewichthebern hat man festgestellt, dass deren „gewichtige“ Arbeit zu 80 % von den Faszien übernommen werden; nur 20 % der Arbeit wird muskulär verrichtet.)
5. Transportfunktion
Faszien bewegen die Lymphe. Vielmehr sorgen sie dafür, dass die Lymphflüssigkeit zwischen ihnen abgeleitet wird. Jede Muskelbewegung ist nämlich gleichzeitig Faszien-Bewegung wodurch die Lymphe „im flow“ bleibt.

Faszien – Ein Gewebe mit lebenswichtigen Aufgaben
6. Kommunikation und Propriozeption
Das körperweite Netzwerk der Faszien erhält die strukturelle Integrität. Das heißt, es sorgt dafür, dass die Teile des Körpers zu einem Ganzen zusammengefügt sind, bleiben und miteinander in Kontakt stehen. Die zahllosen Rezeptoren geben unentwegt Informationen zu unserer Lage im Raum (“Propriozeption” genannt) und ermöglichen so koordinierte Bewegungen ohne umzufallen. Nicht wie früher vermutet die Rezeptoren in den Gelenken, sondern das gesamte Faszien-Netzwerk gibt Rückmeldung über die Lage im Raum.
Faszien-Pflege und ihre Bedeutung
Gerade weil Faszien in unserem Körper so viele Aufgaben haben, wollen sie auch gepflegt, gestärkt und in einem guten Zustand gehalten werden. Faszien bestehen zu einem Großteil aus kollagenen Strukturen, die auf mehrdimensionale Bewegung reagieren. Kollagene Fasern sind im Optimalfall gitter- und wellenartig angeordnet, um elastisch und entspannt zu bleiben.
Kommt es nun aufgrund von Verletzung oder Lebensstil zu einem Bewegungsmangel oder zu einer Vernachlässigung der Faszienpflege oder Fehlhaltungen, führt dies zu einer „multi-direktionalen Architektur des Fasernetzwerkes“ auch „Verfilzung“ genannt. Die Folge davon: die Faszien sind beleidigt, verkleben, verhärten sich auf Dauer.
Die Folge davon: unsere Bewegungsfreiheit und Leistungsfähigkeit werden eingeschränkt, die Versorgung der Körperregionen reduziert und am Ende büßen wir Lebensqualität und Gesundheit ein. Lebensqualität auch deshalb, weil der Zustand der Faszien unseren Körper- und Seelenzustand widerspiegelt. Sind wir etwa traurig, erschlaffen Teile des Körpers, die Schultern fallen nach vorne, der Nacken ist verspannt etc. Sind wir allerdings zufrieden und stolz, gehen wir mit einer erhabenen Haltung durch das Leben.
In beiden Fällen wird unsere Umwelt mit einem Spiegel auf uns reagieren: traurig oder glücklich. Ein geschmeidiger und gleichzeitig kraftvoller Körper strahlt Gesundheit und Eleganz aus, ist widerstandsfähig gegenüber äußeren Faktoren und besitzt ein hohes Maß an Resilienz (= Widerstandsfähigkeit). Frei nach dem Motto „Use it or lose it“ passen sich die Faszien unseren Bewegungsgewohnheiten an. Sie werden unbeweglich wenn wir sie nicht nutzen oder geschmeidig bei richtiger und regelmäßiger Bewegung.

Mit Yoga die Faszien geschmeidig halten
Wie jetzt also die Faszien pflegen? Glücklicherweise finden wir vor allem im Yoga jede Menge Möglichkeiten, die Faszien bei Laune zu halten.
Diese sind:
- Dehnung (AED: Anspann-, Entspann-, Dehn-Methode)
Mit gezielten Dehnungen tun wir nicht nur den Faszien, sondern dem ganzen Körper etwas Gutes. Das beginnt schon früh am Morgen: sich einmal in alle Richtungen zu bewegen und zu rekeln ist ein wunderbarer Start in den Morgen. - Atmung
Rezeptoren (im speziellen Ruffini-Rezeptoren) reagieren unter anderem auf lang anhaltenden und wechselnden Druck mit einer Senkung der Syphathikus-Aktivität mit der eine Entspannung eingeleitet wird. Über die Atmung kann dieser Vorgang hervorragend eingeleitet werden. - Wechsel von Geschwindigkeit, Abfolge und Intensität
Wer die Abwechslung liebt, lässt den Alltag tanzen heißt es! Das gilt auch für Faszien. Variiere, experimentiere und halte so dein Bindegewebe bei Laune.
- Embodiment – sich im Körper zu Hause fühlen
Achtsamkeit ist ein strapaziertes Wort – nicht nur im Yoga. Jedoch ist es ein wesentlicher Teil der Arbeit im Yoga: Je achtsamer und aufmerksamer wir Yogaübungen praktizieren, desto mehr Wirkung zeigen sie.
- Entspannung
Über das Bindegewebe kann eine tiefe Entspannung in den ganzen Körper geleitet werden. Schon in wenigen Minuten der Entspannung beginnen sich Faszien neu zu organisieren und so Spannungsmuster nach und nach aufzulösen.
- Anti-Stress
Durch Achtsamkeit und Bewegung können wir den Weg zurück schaffen: vom entkrampften Körper in den gelösten Geist. Dieses Wissen nutzen wir im Yoga gerade in stressigen Situationen indem wir den Körper in eine gute Ausrichtung bringen, kann auch der Geist klar und positiv bleiben. - Ernährung
Eine schlechte Ernährung wirkt sich ungünstig auf den Stoffwechsel in den Faszien aus. Warum? Übersäuerung entsteht vor allem durch Genussmittel wie Kaffee, Alkohol und Nikotin aber auch durch eine Lebensweise mit zu viel Stress. Da Faszien zu einem großen Teil aus Wasser bestehen, kann allein durch ausreichendes Trinken von ungesüßten Getränken eine rasche Verbesserung erzielt werden. Wie Schwämme werden Faszien bei Austrocknung oder „Aushungern“ steif und unbeweglich. Viel Wasser und eine abwechslungsreiche Ernährung bringen die Geschmeidigkeit wieder zurück und lassen die Faszien schwammartig aufatmen.
Bildcredits: Shutterstock, Pixabay
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