Der Visionär, Psychoanalytiker und Vater der modernen Aufstellungsarbeit ist am 19. September 2019 im Alter von 94 Jahren verstorben. Hier ein Nachruf von Birgit Pöltl.
Bert Hellinger – Auf der Suche nach der Ordnung der Liebe
Bert Hellinger wurde am 16. Dezember 1925 als Anton Hellinger in Leimen (D) geboren. Er wuchs in der Zeit des Nationalsozialismus in Köln auf, wo er Philosophie, Katholische Theologie und Pädagogik studierte. Nach seiner Priesterweihe 1962 führte er dieses Amt 15 Jahre lang aus und wurde dann als Missionar nach Südafrika geschickt. Dort stellte man ihm eine entscheidende Frage:
Was ist dir wichtiger: Menschen oder Ideale?
Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit dieser Frage, gab er sein Priesterleben auf und begann mit dem Studium der Psychoanalyse. Übrigens: Als Ordensmitglied der Kongregation der Mariannhiller Missionare, bekam er den Namen “Suitbert”, kurz Bert. Diesen Spitznamen behielt er auch dem Ordensaustritt und der Niederlegung des Priesteramtes im Jahr 1971.
Sein Abschluss mit dem Urschrei von Stanislav Grof war für die Psychoanalytische Gemeinschaft nicht adäquat, woraufhin sich Hellinger von allen Verbindungen und Gemeinschaften frei machte. Er gehörte nunmehr keiner Vereinigung mehr an – keinem Verband, Kirche oder Therapeutenvereinigung.
„Seit ich aus der Kirche ausgetreten bin, bin ich wirklich Seelsorger – und erst jetzt kann ich es sein.“
Bert Hellinger.
Diese Unabhängigkeit sah Bert Hellinger auch sein weiteres Leben lang als Voraussetzung um in der Aufstellungs-Arbeit absichtslos und offen als Diener seiner Klient*innen handeln zu können. So war es ihm möglich, in das Feld seiner Klient*innen einzutreten, ohne das eigene Gewissen verteidigen zu müssen. Zum Beispiel wegen einer Religionszugehörigkeit.
Zu Beginn seiner Arbeit versuchte Bert Hellinger acht Jahre lang das Gewissen zu erforschen. Dabei kam er, wie er es nennt, einer „universellen Ordnung“ auf die Spur, der sich jeder Mensch freiwillig unterwirft. So erzeugen wir alle demnach das Gefühl, Dinge tun zu müssen, um uns zugehörig zu fühlen.
Das erste Gesetz Hellingers Aufstellungs-Arbeit
Ich gehöre zu meinem System und meiner Familie. So ist das was meine Eltern gemacht haben für mich richtig und gut.
Und das ist wohl auch die Grundlage seiner Arbeit die wir „Aufstellung“ nennen.
Es geht um Wiederherstellung der Ganzheit
Wir bewegen uns in einem Feld, mit dem wir in Resonanz sind. Einem Feld, in dem unsere Vergangenheit gegenwärtig ist. Alles Vergangene wirkt daher in die Gegenwärtigkeit hinein und ist in diesem Feld aufgehoben. Wenn ich davon einen Teil ablehne (eine Situation oder einen Menschen…), wirkt das auf mich zurück und hindert mich deshalb an meinem weiteren Wachstum.
Wir werden hineingeboren in eine Familie, Heimat und Kultur. So sind unsere Mutter und unser Vater in unserem Körper lebendig! Immer! Und wenn man genau hinsieht, speichert unser Körper Wissen über noch viele Generationen zurück, z. B. wie die Nase unserer Ur-Großmutter ausgesehen hat.
Wie läuft eine Aufstellung nach Bert Hellinger ab?
Ein*e Klient*in kommt mit einem Anliegen, das kurz und präzise formuliert wird. Das kann eine Entscheidung sein, ein Lebensthema, aber auch eine Team-Problematik.
Der Aufstellungsleiter oder die Aufstellungsleiterin lässt in der Regel ein bis zwei wichtige handelnde Personen – manchmal auch mehr – aufstellen. Das heißt: Jemand übernimmt die Rolle dieser Personen. Die Menschen um die es geht, müssen weder anwesend noch physisch auf dieser Erde sein.
Diese Stellvertreter*innen der jeweiligen Rolle spüren achtsam in sich hinein und folgen inneren Bewegungsimpulsen. Zum Beispiel lassen sie dabei Gefühle zu und drücken diese aus. So kann es vorkommen, dass sich eine Person von der anderen abwendet, wütend wird oder kraftlos.
Aus den Handlungen der Vertreter*innen können Aufstellungsleiter*innen einerseits ablesen welche Thematik hier im Vordergrund steht. Andererseits können sie feststellen, ob noch weitere handelnde Personen fehlen. Es kommen Themen ans Tageslicht, die in Familien oft gar nicht bewusst waren oder aber auch nicht bekannt (beispielsweise verstorbene / abgetriebene Kinder usw.)
Im Moment der Aufstellung entsteht ein “Feld” wie Hellinger es nennt, in dem Zeit und Raum ausgeschaltet sind. Das Feld besteht nur noch aus Information das von den Repräsentant*innen quasi angezapft und auf ihre Weise ausgedrückt wird.
So ist die erhaltene Information niemals gut oder schlecht, sondern schlichtweg die Wahrheit.
Eine Aufstellung hat meist auch Zuseher*innen, die ebenfalls auf, oft unscheinbare, Bewegungen achten. Bert Hellinger legte immer Wert darauf, dass er für die ganze Gruppe arbeitet, und nicht nur für den oder die „Aufstellenden“.
Eine Familienaufstellung mit Sophie Hellinger:
Die Hellinger Schule

Seit Begründung der Hellinger-Schule leiteten Bert und seine Frau Sophie Aufstellungskurse gemeinsam.
Bert Hellinger hat 108 Bücher verfasst die in 38 Sprachen übersetzt wurden. Hier seine wichtigsten Werke.