Um hier mehr Klarheit zu schaffen, hilft es, die Asanas durch die Brille der fünf ethischen Grundlagen (Yamas) zu sehen.
Ahimsa (Gewaltlosigkeit) gegen- über seinem Körper ist im Hatha-Yoga (wörtlich: Vereinigung durch Kraft) nicht unbedingt selbstverständlich –speziell dann, wenn Ego oderLehrer zu Haltungen drängen, die alles andere als gesundheitsfördernd sind. Meine Knie waren zum Beispiel fast zwei Jahre lang beleidigt, weil ich mir zu Beginn meiner „Asana-Karriere“ fix eingebildet hatte, Ardha Matsyendrasana 3 üben zu müssen.
Satya (Wahrhaftigkeit) hat mit der Kunst zu tun, die eigenen körperlichen Fähigkeiten richtig einzuschätzen. Wozu wir unseren Körper herausfordern, ver- deutlicht oft unsere alltäglichen Lebensmuster. Wer intuitives Üben verlernt hat, wird entweder bedenkliche Übungen mit Angst ausführen oder aus Selbstüberschätzung Verletzungen riskieren.
Asteya (Nicht-Stehlen) erinnert uns daran, Asanas nicht für uns in Anspruch zu nehmen, auch wenn wir damit Geld verdienen könnten. Es sollte uns bewusst sein, dass dieser unser Körper eigentlich nicht uns gehört, egal welche akrobatischen Kunststücke wir damit ausführen können. Er wurde uns von den Elementen nur geborgt und wird sich eines Tages wieder darin auflösen.
Brahmacarya (spiritueller Lebenswandel) beinhaltet nicht nur eine sattvische Klarheit beim Üben, sondern auch, wie sehr wir unsere körperliche Gesundheit dazu nutzen, uns der wahren Essenz (Brahman) anzunähern. Das Ziel kann dabei nicht darin liegen, sich bloß körperlich fit zu fühlen. Adi Shankara in Vivekachudamani dazu: „Wenn man das Selbst sucht, indem man diesen vergänglichen Körper hegt und pflegt, ist das, als würde man sich an einem Krokodil festklammern, das man für ein Floß hält.“
Aparigraha (Nicht-Anhäufen) sollte unseren „Sammelwahn“ in Schranken halten. Es geht nicht darum, möglichst viele Asanas, Sequenzen, Yogastunden, -studios oder -lehrer anzuhäufen, um sich damit zu brüsten oder von essenzielleren Themen abzulenken. Vielmehr braucht es Demut und Weisheit, um die Asanapraxis mit viel Feingefühl abzustimmen.
„Yogaha Karamasu Kaushalam“ heißt es in der Bhagavad Gita (II 50): „Yoga ist Geschick im Handeln“, und das beinhaltet auch den Umgang mit unserem Körper.
Verfasst wurde diese Kolumne von Florian Palzinsky:
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