Im Yoga braucht es definitiv Disziplin. Aber “Disziplin”, das ist ein Wort, das für viele unterschiedlich – oft eher negativ – besetzt ist. Assoziationen mit „Zucht und Ordnung“ oder „Gehorsam“ oder gar “Zwang” tauchen auf. Wann und wie jedoch Disziplin für uns positiv sein kann und mit welchen Fragen wir den inneren Schweinehund bezüglich unserer Yogapraxis überwinden, darüber schreibt hier Gastautorin Ines Hofbaur.
Selbstbeherrscht statt machtlos
Schon das Wort Disziplin ist für viele Menschen negativ besetzt, Assoziationen mit „Zucht und Ordnung“ oder „Gehorsam“, „Zwang“ und „Strafen“ tauchen auf. Denn in vielen Schul- und Erziehungsmethoden haben genau diese Schreckenswörter System und helfen dabei, Schwächere oder Jüngere zu disziplinieren.
Doch wenn es nicht um die Macht geht, die andere auf einen ausüben, sondern darum, sich selbst zu beherrschen, Kontrolle über den eigenen Geist und Körper zu erlangen, liegt darin auch der Zustand, nach dem Yogis streben, um letztlich Glück und Freiheit zu erleben. Dann bekommt diese Macht eine positive Kraft.
Hart, aber herzlich
Jeder kennt das beglückende Gefühl, wenn man endlich geschafft hat, innere Blockaden zu überwinden, um etwas anzugehen, was man lange vor sich hergeschoben hat. So erfährt auch jeder, der regelmäßig Yoga praktiziert oder lebt, dass es mit der Zeit einfacher wird, das widerstrebende Ego zu überlisten, um dann doch regelmäßig auf der Matte zu landen. Bestehende Gewohnheiten zu ändern ist anstrengend und vielleicht mit Unsicherheit und Widerwillen verbunden.
Anfangs sehen wir oft nur das Negative, wollen uns nicht zwingen, sehen nicht ein, warum wir uns überwinden oder gar quälen sollen.
Yoga als Lehrmeister
Genauso wie auf der Matte ist es auch im Leben. Wer im Yoga lernt, was es bedeuten kann, seinen Bedürfnissen nachzugehen, achtsam und freundlich statt ignorant mit sich selbst umzugehen, der nimmt diese Erfahrung auch in den Alltag mit. Wer seine mentale Kraft kennt und einzusetzen weiß, meistert auch schwierige Situationen mit Leichtigkeit.

Genauso wie auf der Matte ist es auch im Leben. (Bildquelle: pexels.com)
Das Teuferl im Kopf
Doch warum finden wir lieber Ausreden, statt etwas zu tun, das uns wissentlich gut tut? Nach jeder Yogastunde fühlen wir uns wunderbar, doch immer wieder ist die Versuchung groß, die Couch statt der Matte zu wählen – auch wenn das Praktizieren garantiert nachhaltiger Glück und Freude bereitet hätte. Es hilft, sich die Blockaden genauer anzusehen. Fehlende Motivation oder der nicht erkannte Sinn dahinter („Warum soll ich mich denn zu etwas zwingen?“) kann genauso eine Rolle spielen wie Trotz („Ich will jetzt einfach nicht!“) oder der Reiz des Angenehmen („Heute will ich einfach nur vor dem Fernseher knotzen und nichts tun“).
All diese Widerstände spielen sich jedoch nur in unserem Kopf ab und sind deswegen überwindbar. Das ist die allerwichtigste Erkenntnis.
Nachfragen und ehrlich sein
Folgende Fragen helfen vielleicht zu erkennen, was einem im Weg steht:
– Wann fällt es mir besonders schwer, mich zu motivieren, und was könnte es dafür für einen Grund geben?
– Habe ich einen direkten Nutzen, wenn ich heute nicht praktiziere?
– Habe ich vielleicht einmal gelernt, dass Vermeiden von Anstrengung das geringere Übel ist?
– Gibt es wirklich einen triftigen Grund, heute nicht einmal einen Sonnengruß oder eine Atemübung zu machen? Dazu ist nämlich immer Zeit – aber das sehen wir nur so, wenn wir ganz ehrlich zu uns selbst sind.

Gibt es wirklich einen triftigen Grund, heute nicht einmal einen Sonnengruß oder eine Atemübung zu machen? (Bildquelle: pexels.com)
Wachsen am Widerstand
Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, warum man Yoga macht. Denn es fällt leichter, etwas zu erreichen, wenn man es vorher definiert. Zumal die wenigsten Erleuchtung anstreben, sondern viel weniger weit gesteckte Ziele haben. Der gewählte Yogaweg sollte genauso hundertprozentig passen wie der Lehrer, der einen dabei begleitet. Das erfordert ein gewisses Maß an Selbstkenntnis und Achtsamkeit. Denn ein ohnehin vor Energie strotzender Pita-Typ fühlt sich vielleicht zu schweißtreibendem Power-Yoga hingezogen, während ihm vielleicht mehr Ruhe und Langsamkeit guttun würde. So kann es hilfreich sein, einen Stil zu wählen, der einen selbst mehr Überwindung kostet als einer, in dem man sich gleich zu Hause fühlt.
Ausreden gibt es nicht – Den inneren Schweinehund überwinden
Oft müssen auch äußere Umstände als Grund herhalten, nicht zu praktizieren. Ein Schnupfen behindert die Atemübungen, die Absage des Babysitters oder das Regenwetter erschweren es, in den Yogakurs zu gehen. Das sind natürlich Tatsachen, die sich nicht ändern lassen. Sehr wohl aber der Umgang damit.
Was spricht dagegen, einfach zuhause ein paar Übungen zu machen? Wer dazu Führung braucht, kann sich eine Yogaeinheit nach Wunsch über yogamehome.org oder eine andere der zahlreichen Online-Yogaplattformen in die eigenen vier Wände holen. Oder man beginnt mit leichten Dehnungsübungen und findet langsam in eine gerade im Moment passende Übungsfolge. Angenehme Musik, ein erfrischender Raumduft und gedämpftes Licht können ebenso dazu beitragen, die Praxis zum Fest werden zu lassen.
Denn egal ob mit Schweiß oder ohne, in einem Yogazentrum oder zuhause, jeder sollte seine Übungspraxis genießen und Kraft daraus schöpfen können. Nur dann geschieht das, worum es eigentlich geht: Disziplin wird zu Lust, und der hinauf- oder herabschauende Hund hat für immer gegen den inneren Schweinehund gewonnen. Und sollte dieser doch wieder einmal laut jaulen: Hinhören und sich die Frage stellen, ob es einem wirklich und nachhaltig gut tut, ihm jetzt nachzugeben.
Text: Ines Hofbaur – demgutenmehrgewicht.at
Sujetfoto: pixabay.com
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