Eigentlich wurden – wie so oft – nur auserwählte und talentierte Lamas in den Klöstern der verschiedenen philosophischen Richtungen in den Techniken rund um Lu Jong unterwiesen, denn auf ein Heilsystem gilt es gut aufzupassen. Durch die veränderte politische Situation Tibets kamen jedoch ausgebildete Lehrer in den Siebzigerjahren nach Europa und schufen einen westlichen Zugang zu diesem kostbaren Wissen der Tibeter. Gott – bzw. Buddha – sei Dank.
Heutzutage wird Lu Jong in unseren Breiten vor allem von Tulku Lobsang unterrichtet, einem Rinpoche aus Amdo in Osttibet. Er wurde in allen vier philosophischen Schulen ausgebildet, passte die tibetischen Lu-Jong- Übungen den Bedürfnissen des westlichen Menschen an und stimmte sie darauf ab, einen höchstmöglichen gesundheitlichen Nutzen zu erzielen. Lu Jong führt zu Veränderungen körperlicher, aber auch – oder vor allem – geistiger Art.
Die Lu-Jong-Übungen bilden den Basisteil der tibetischen Heilübungen, die dann noch Tsa Lung (Übungen mit feinstofflichen Energien und Atem), tummo (Meditation) und natürlich bliss (Glückseligkeit) enthalten. Alle diese Wege sorgen für ein gesundes Leben und unterstützen den Körper und den Geist auf dem Weg zur Selbsterkenntnis.
Lu heißt Körper, und jong bedeutet Schulung. Diese Bewegungslehre balanciert aber nicht nur unsere Physis aus, sondern auch unseren Geist. Bei Lu Jong ?ossen die tiefen Kenntnisse der Meister über Natur, Geist und Körper in die Übungen ein. Sie hatten erkannt, welchen Ein?uss die Umwelt und die fünf Elemente Wasser, Erde, Feuer, Wind und Raum auf uns Menschen haben. Außerdem wussten sie, welche natürliche Kraft in unserer Geisteshaltung liegt und wie sie mit den Kräften der Natur in Verbindung steht. Ihnen war bekannt, welche Verbindung Geist und Atem haben und wie der Geist den lung – den inneren Wind – als feinstoffliche Lebensenergie beein?usst, und umgekehrt.
Dieser Wind wirkt auf besondere Weise auf unsere Meridiane und letztendlich auf unsere Gesundheit. Durch die Beobachtung der Tiere und ihres Verhaltens in bestimmten Situationen erlebten die Tibetaner die heilenden Kräfte der Natur. Deshalb sind viele Lu-Jong-Übungen den Bewegungen der Tiere nachempfunden und haben fantasievolle und zum Schmunzeln anregende Namen wie „Wie die Wildgans Wasser trinkt“, „Wie der Yak seinen Kopf schwingt“ oder „Wie der Falke sich im Wind dreht“.
Die Übungen sind sowohl mit den philosophischen Schulen als auch mit der Medizin Tibets verbunden. Nach deren Sichtweise werden wir dann krank, wenn das Gleichgewicht der Elemente in uns gestört ist. In der tibetischen Medizin spricht man von Wind-, Galle- und Schleimkrankheiten.
Den ganzen Artikel finden Sie in der Ausgabe 13 / Oktober 2013 – Jänner 2014 oder als E-Book.