Katastrophen, Krisen, Kriege – allzu oft erfasst einen das Gefühl, als würde es nur noch das auf dieser unserer Welt geben. ABER: auf diesem unseren Planeten gibt es eine schier unüberschaubare Fülle an erfreulichen Erscheinungen, Aktivitäten, Verbesserungen! Durch das Buch „Hoffnungstropfen“ von Josef Nussbaumer und Stefan Neuner fällt einem das auch wieder leichter zu glauben. Dieses birgt unzählige positive und freudige Entwicklungen. Fakten, Nachrichten, Botschaften, die aufatmend glücklich und hoffnungsvoll stimmen.
Lena Raubaum hat sich mit den beiden „Hoffnungstropfensammlern“ unterhalten. Zum Wohle der Hoffnung in uns allen …
Lena Raubaum: Herr Nussbaumer, Herr Neuner, was hat Sie veranlasst, ein Buch wie „Hoffnungstropfen“ zu schreiben? Wie kam es dazu und für welche Menschen haben Sie es geschrieben?
Ein Buch zu schreiben ist meist ein sehr vielschichtiges und zeitaufwendiges Unterfangen, das auch von vielen Zufällen beeinflusst wird. Ein wesentliches Motiv für die „Hoffnungstropfen“ war unser Vorgängerbuch „Leidenswege der Ökonomie“ (Nussbaumer, Exenberger, Neuner, Innsbruck 2015). Wie der Name schon andeutet, sind in diesem Buch viele Probleme unseres Planeten aufgelistet. Bei den diversen Buchpräsentationen kam deshalb aus dem Auditorium sehr oft die berechtigte Frage, ob es denn nicht auch POSITIVES auf unserem Planeten gebe? Und in der Tat, wie die „Hoffnungstropfen“ zeigen, gibt es das. Dafür mussten wir aber selbst unsere „schwarze“ Brille ablegen und die Welt mit einer „helleren“ Brille betrachten. Dazu zwei wichtige Fußnoten: Nachdem wir uns auch mit den negativen Dingen auf unserem Globus beschäftigt haben, kann uns niemand Naivität vorwerfen. Wir kennen diesen globalen Aspekt sehr wohl. Und gerade deswegen war es uns wichtig zu zeigen, dass Aktivismus für eine Verbesserung von Zuständen, und seien sie noch so klein, nie Zeitverschwendung ist und es sich lohnt, sich dafür einzusetzen.
LR: Warum ausgerechnet der Titel „Hoffnungstropfen“?
Der Titel ist ganz bewusst gewählt. Es geht im Buch in der Tat meist „nur“ um Tropfen. Jeder Tropfen steht jedoch für einen hoffnungsvollen Ansatz dafür, wie sich sozioökonomische Belange in den letzten Jahrzehnten verbessert haben. Schlimm wäre es, wenn es solche Tropfen nicht gäbe. Man kann diese Tropfen auch mit Schmerztropfen vergleichen, die helfen sollten, Schmerzen zu lindern. Und auch die langfristigen Wirkungen soll man dabei nicht unterschätzen. Wer kennt nicht das Sprichwort vom „steten Tropfen“, der den „Stein höhlt“? Das Negative ist somit nicht in Stein „gemeißelt“. So gesehen sind diese Tropfen sowohl kurzfristige als auch langfristige Motivationshilfen gegen die Lethargie beziehungsweise gegen das immer wieder zitierte „Da kann man eh nichts machen“.

LR: In der Einleitung Ihres Buches steht: „Selbst wenn es uns so gut, ja sogar unvergleichlich besser geht als früher, neigen wir dazu, die negativen Fakten überzubewerten“. Warum, glauben Sie, ist dem so?
Das hat viele Ursachen. Sie alle hier aufzulisten, dazu fehlt der Platz, und es würde wohl den Rahmen dieses Gesprächs sprengen. Deshalb nur ein paar Aspekte. Ein wesentlicher Blickpunkt unserer Betrachtung ist der historische Zugang (wir sind beide unter anderem auch Sozial-und Wirtschaftshistoriker). Gerade dieser historische Zugang kommt heute oft zu kurz, wir sind zu „gegenwartsbesessen“, ja geradezu „gegenwartsverliebt“, und vergessen somit das Vergangene. Dadurch fehlen uns auch Vergleichsperspektiven. Denken Sie nur daran, wie die Lebenserwartung sich in den letzten hundert Jahren geändert (verlängert) hat und unter welchen erbärmlichen Bedingungen die Durchschnittsbevölkerung noch in der Nachkriegsgesellschaft gelebt hat. Wer von uns möchte in einem Krankenhaus mit einer Ausstattung des Jahres 1920 behandelt werden? Dazu kommt, dass die mediale Berichterstattung häufig und vermehrt auf negative Ereignisse fokussiert ist. Stichwort: „Bad news are good news.“ Die fast stündliche Wiederholung dieser Nachrichten in den Medien (Radio, Fernsehen etc.) oder die dauerhafte Präsenz auf Internetseiten und dergleichen verdichtet das Gefühl, dass NEGATIVE Ereignisse dominieren. Solange die Gewaltrate nicht auf Null gesunken ist, wird es immer genügend Grausamkeiten geben, um die Abendnachrichten zu füllen. Aber es wäre ein Trugschluss, daraus statistische Trends abzuleiten.
LR: Was sagen Sie den Hoffnungslosen? Was braucht es, damit unser aller Zuversicht größer wird?
Dies ist eine sehr schwierige und in dieser Kürze kaum befriedigend zu beantwortende Frage. Deshalb nur ein kleiner laienhafter Versuch. Für ein erfülltes Leben braucht es drei wesentliche Dinge: a) eine sinnvolle Betätigungsmöglichkeit, b) ein Minimum an Geborgenheit und Sicherheit („Liebe“) und last but not least c) Hoffnung. Wenn einer dieser Aspekte fehlt, kann das Leben sehr schwer werden; wenn alle drei Aspekte fehlen, dann lebt man nicht, dann „vegetiert“ man. Das Gefühl der Hoffnung ist ein wesentlicher Bestandteil sinnvollen Lebens, dessen sich auch der/die „Hoffnungsarme“ bewusst sein sollte. Zudem ist es die Verpflichtung der „Hoffnungsreichen“, die Verzweifelnden nicht zu vergessen und diese gerade bei der Suche danach zu unterstützen. Diese Unterstützung ist zeitaufwendig, arbeitsintensiv, kann mühsam sein, braucht viel Kraft. Dennoch sollte man nicht aufhören, Hoffnung selbst in kleinen Dosen weiterzuverbreiten. Die Zeit heilt bekanntlich keine Narben, die Zeit kann aber Wunden heilen. Gerade das dürfen wir niemals vergessen.
Für ein erfülltes Leben braucht es vor allem drei Dinge: eine sinnvolle Betätigung, Liebe und Hoffnung.
Josef Nussbaumer – Hoffnungstropfen
LR: Laut meiner Recherche stammt das Wort „Hoffnung“ vom mittelniederdeutschen „hopen“ ab, was soviel wie „hüpfen“, „springen“ oder „zappeln“ heißt. Bei welchen der gesammelten Fakten hüpfen Sie? Welche der Geschichten berühren Sie ganz besonders?
Das Bild mit dem Hüpfen gefällt auch uns sehr gut. Man kann ja bekanntlich aus Freude hüpfen, aber man kann auch springen, weil sich eine Hoffnung erfüllt hat. Dabei sind wohl die schönsten Freuden diejenigen, die völlig unerwartet eintreten. Im Buch selber sind solche Aspekte angeführt. Ist es nicht herrlich, wenn etwa in Simbabwe zehn Jahre keine Todesstrafe durchgeführt werden konnte, weil die Justizbehörden keinen Henker dafür finden konnten? Besonders beeindruckend sind wohl jene Fälle, wo eine einzelne Person durch ihren unermüdlichen Einsatz und den Glauben an die Kraft der Eigeninitiative es schafft, Aktionen in die Wege zu leiten, die dann vielen Menschen zugutekommen. Das sind dann keine Hoffnungstropfen mehr, sondern ganze Ströme. So wie etwa Tony Rinaudo, auf dessen Initiative hin über 200 Millionen Bäume gepflanzt wurden, die Millionen Menschen als Lebensgrundlage dienen.
LR: Welche Quellen empfehlen Sie Menschen, die genug von negativen Nachrichten haben und mehr Positives oder eben Hoffnung Gebendes über die Welt erfahren wollen? Wo und wie sich informieren?
DIE Quelle für Hoffnung gibt es nicht. Nur ständiges Hinterfragen von allzu selbstverständlichen negativen Zuständen führt weiter. Im Buch „Die 10 Gebote der Ökologie“ (Friedrich Schmidt-Bleek) lautete das 10. Gebot: INFORMIERE DICH. Dem ist nichts hinzuzufügen. Hoffnung soll nicht weniger Wissen ersetzen, ganz im Gegenteil. Hoffnung heißt, immer wieder Alternativen gegen negative Tatbestände aufzuzeigen, und das ist bekanntlich kein leichtes Unterfangen. Je mehr man sich mit einer Fragestellung auseinandersetzt, desto mehr wird man wohl auch erfahren, dass eine nur negative Sichtweise nicht den vollen Tatsachen entspricht.
LR: Die Erlöse aus diesem Buch fließen zu 100 Prozent dem Verein teamGlobo zu – wofür setzt sich dieser Verein ein?
Der Verein teamGlobo hat seinen Sitz in Innsbruck und bezweckt die Förderung der Bewusstseinsbildung, der Bildungsarbeit und der Forschung im Hinblick auf globale Ungerechtigkeiten sowie die finanzielle Förderung von in diesem Bereich karitativ tätigen Personen und Organisationen. Begonnen hat alles damit, dass wir (Josef Nussbaumer, Andreas Exenberger, Stefan Neuner) zusammen mit Markus Mayer im Jahr 2009 das Buch „Unser kleines Dorf “ veröffentlichten. Schon damals entschlossen wir uns, sämtliche Erlöse aus Buchverkäufen zu spenden. Kurze Zeit später stieß Christine Rainer dazu, die als Pädagogin für die GloboSchule verantwortlich ist. Seitdem wurden vier wirtschaftshistorische Bücher und ein Spiel auf den Markt gebracht, Vorträge und Workshops vor Tausenden von Menschen abgehalten und der Verein teamGlobo gegründet. Mit Februar 2018 hat das teamGlobo nun über EUR 117.000 gespendet. Mit den Spenden wurden etwa eine Solaranlage in Simbabwe, die Arbeit von Erwin Kräutler in Brasilien, Kinderheimprojekte in Palästina und Rumänien, das Integrationshaus und die Städtische Herberge in Innsbruck oder aber auch die Finca El Bosquecillo (Kolumbien) und Brunnenprojekte in Kambodscha unterstützt. Für all jene, die sich mehr dazu informieren wollen: Schauen Sie am besten auf www.teamglobo.net.
LR: Und die letzte Frage: Was wünschen Sie sich für diese unsere Welt?
Das ist fast wie ein frommer Wunsch an das Christkind. Wir sind minimierende Optimisten, die an (auch kleine) Verbesserungen glauben. Worin unser Hauptanliegen besteht, ist im Vereinszweck dokumentiert. Weniger globale Ungerechtigkeit, ein Minimum an Lebenschancen für alle Erdenbürger und Bildung vor allem für Frauen und Kinder, das sind unsere zentralen Anliegen. Es ist eine Megaaufgabe, aber wir fühlen uns dabei nicht alleine. Auch die UNO hat diesbezüglich eine ganze Fülle an Hoffnungspunkten in ihrem Programm für 2030 festgelegt. Selbst wenn nicht alle Ziele erreicht werden, wir sollten dennoch daran arbeiten. Wir brauchen dabei nicht nur eine Stärkung der Nächstenliebe, sondern auch eine Art „Fernstenliebe“. Vielleicht gelingt es durch viele kleine Hoffnungstropfen auch, unsere (manchmal steinernen) Herzen zu erweichen?
LR: Herr Nussbaumer, Herr Neuner, ein herzliches und hoffnungsvolles Danke für dieses Interview. “
Hier noch ein paar Hoffnungstropfen aus dem Buch von Josef Nussbaumer und Stefan Neuner …
Kampf gegen Aids
Afrika hat im Kampf gegen AIDS nach UNO-Angaben 2016 einen Wendepunkt erreicht. Zum ersten Mal wurden auf dem Kontinent mehr HIV-Kranke behandelt, als sich neu infizierten.
Musterland für Flüchtlingsaufnahme
Das afrikanische Land Uganda nahm in letzter Zeit eine Million Flüchtlinge auf und gehört weltweit zu jenen zehn Ländern, die bei der Flüchtlingsaufnahme am großzügigsten sind. Flüchtende Menschen werden in Uganda bei ihrer Ankunft medizinisch untersucht, bekommen einen Identitätsausweis sowie freien Zugang zu medizinischer Versorgung und Bildung. Auf dem Land erhalten sie ein Stück Grund und Baumaterial, um sich selbst eine Unterkunft zu bauen.
Kindersterblichkeit gesunken
1820 starben 43 Prozent der Weltbevölkerung vor ihrem 5. Lebenjahr, 2015 sind es vier Prozent.
Lebensqualität geschichtlich
Nie zuvor in der Geschichte lebten mehr Menschen so gut, so gesund und so frei wie in den vergangenen zehn Jahren. Nie war der Zugang zu Waren und Dienstleistungen leichter, nie war es billiger zu essen, zu kommunizieren, zu reisen.
Lesekompetenz weltweit
Im Jahr 1820 konnten nur insgesamt 12 Prozent der Weltbevölkerung lesen, 2015 waren es schon 85 Prozent.
Wasserversorgung weltweit
Dank vereinter Anstrengungen im Rahmen der UNO-Millenniumsziele haben zwischen 1990 und 2015 weltweit 2,6 Milliarden Menschen „verbesserten Zugang“ zu Trinkwasser erhalten.

HOFFNUNGSTROPFEN Nussbaumer, Neuner
Studia Universitätsverlag
Innsbruck
€ 19,90
JOSEF NUSSBAUMER lehrte bis zum Sommersemester 2017 Sozial- und Wirtschaftsgeschichte an der Universität Innsbruck. Seit 1. Oktober 2017 ist er in Ruhestand.
STEFAN NEUNER ist promovierter Volkswirt und Sozial- und Wirtschaftshistoriker. Beide sind Gründungsmitglieder von teamGlobo.
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