Dr. Sita Silvia Sitter stellt dir im Rahmen einer Artikelserie die 7 Säulen der Resilienz vor. Hier liest du mehr über die Säule 6: Beziehungen gestalten.
Resilienz – sie ist die Fähigkeit, mit schwierigen Zeiten im Leben zurechtzukommen, indem wir auf eigene und sozial vermittelte Ressourcen zurückgreifen und Krisen für unsere persönliche Entwicklung nutzen. Resilienz zu trainieren heißt, unsere innere Stärke und unsere Widerstandsfähigkeit zu vergrößern. Es gibt sieben Säulen, auf denen Resilienz aufbaut.
Die sechste Säule der Resilienz, die uns dabei helfen kann, unsere innere Stärke zu spüren, widerstandsfähiger zu werden und besser mit schwierigen Zeiten im Leben zurechtzukommen, ist „Die Gestaltung unserer Beziehungen“.
„Resiliente Menschen öffnen sich anderen Menschen und lassen sie nah an sich herankommen. Doch dabei vergessen sie ihre eigene Individualität nicht. Zur Resilienz gehört beides – sich öffnen und Grenzen setzen können. Diese Balance muss immer wieder neu austariert werden (Rampe S. 203).“

Wie auch in meinen letzten Artikeln zum Thema Resilienz will ich hier wieder einige Fragen auf dich wirken lassen, durch die dein Denken wach und deine Selbstreflexion gestärkt wird und die dazu beitragen können, dass deine Selbstregulation genau dort angeregt wird, wo es gerade erforderlich ist. Lass dich die Antworten finden, die für dich jetzt gerade die passenden sind, um den nächsten Schritt zu mehr Resilienz zu machen.
Wenn du dir jetzt kurz Zeit für eine Bestandsaufnahme nehmen möchtest, führe dir mit folgenden Fragen vor Augen, welche Einstellungen und Erfahrungswerte du zum Thema Beziehungsgestaltung und Netzwerkorientierung mitbringst:
Mit wem teilst du dein Leben?
Wodurch fühlst du dich anderen Menschen verbunden?
Was bedeutet Freundschaft für dich? Welche Eigenschaften sind dir bei Freunden besonders wichtig?
Wie würdest du dein eigenes Kontaktverhalten beschreiben? Fällt es dir leicht, mit anderen in Kontakt zu treten, oder eher schwer?
Was wünscht du dir für dein Leben in Bezug auf das Thema soziale Verbindungen?

Soziale Netzwerke – Warum wir sie brauchen
Es gehört zu unseren Grundbedürfnissen, uns mit anderen Menschen über die Welt auszutauschen und von ihnen Anerkennung und Wertschätzung zu bekommen. Soziale Netzwerke lassen uns emotionale Stabilität erfahren und geben uns das Gefühl von „Dazugehörigkeit“. Dabei geht es nicht darum, wie groß und zahlreich sie sind, die Qualität der Beziehungen und der Unterstützung ist bedeutsam. Es gibt ganz unterschiedliche Beispiele für Netzwerke: Familie, Freunde, Nachbarn, gesellschaftliche Kontakte, berufliche Kontakte, Interessensgruppen, uns unterstützende Menschen und vieles mehr.
Welche sind für dich speziell wichtig?
Geistiger Fortschritt ist immer eine Gruppenleistung: Jemand hat eine Idee, andere knüpfen daran an, denken und entwickeln sie weiter. Netzwerke basieren auf der Erkenntnis und dem Bewusstsein, dass wir nicht alles selber schaffen und alleine können müssen.
„Wir brauchen Freunde nicht, schreibt der griechische Philosoph Epikur, um sie zu brauchen, sondern um die Gewissheit zu haben, sie brauchen zu dürfen.“ (Rampe, S. 194).
Soziale Netzwerke bieten uns die Möglichkeit, in einer ruhigen und geborgenen Atmosphäre Gleichgesinnten zu begegnen, uns weiterzuentwickeln und uns mitunter auch in Frage zu stellen. Sie können Stützsysteme sein, die uns Mut machen und uns an unsere Stärken erinnern.

Um Hilfe bitte, Empathie und Emotionale Intelligenz
Resilient zu sein bedeutet auch, die Hilfe anderer Menschen in Anspruch zu nehmen und uns zu trauen, darum zu bitten und unser eigenes Können und Wissen zur Verfügung zu stellen, wenn es gewünscht oder gebraucht wird. Es bedeutet genauso, in der Lage und willens sein, uns in den unterschiedlichen Situationen auf unterschiedliche Menschen, Begegnungen und Bedingungen einzustellen, ohne dass wir uns selbst verbiegen. Empathie, echtes Interesse an anderen Menschen und wertschätzende Anteilnahme sind wesentliche Voraussetzungen, damit unsere Begegnungen achtsam und lebendig sind. Wenn wir in unterschiedlichen Situationen unsere Aufmerksamkeit immer wieder bewusst darauf richten, nachzuvollziehen, was in anderen Menschen vorgeht und unsere Vermutung durch Nachfragen bestätigen lassen, üben wir Empathie im Alltag. Bei Menschen, mit denen wir Schwierigkeiten haben, ist unsere Bereitschaft, ihre Beweggründe und Befindlichkeit nachzuvollziehen, bisweilen eher gering. Es hier bewusst zu versuchen, ist Ausdruck unserer sozialen Kompetenz. Die Bereitschaft und die Fähigkeit, auf andere einzugehen und sie verstehen zu wollen, auch wenn sie uns auf die Nerven gehen, ist die Basis für eine konstruktive und auch gewaltfreie Kommunikation, wie sie uns Marshall B. Rosenberg lehrt. Gegen unangemessene Erwartungen oder Forderungen jedoch ist Abgrenzung wichtig.
Emotionale Intelligenz ist eine wesentliche Komponente von Resilienz. Signale, die wir von anderen aufnehmen und deuten, beeinflussen die Art und Weise, wie wir mit den Betroffenen umgehen. Andererseits bedeutet emotionale Intelligenz auch, gut mitzubekommen, wie wir selbst von anderen wahrgenommen werden.
Resilienz bedeutet auch, unterscheiden zu können zwischen belastenden Bindungen, die durch Abhängigkeit, Bedürftigkeit oder Manipulation geprägt sind und positiver Verbundenheit, in der eine wohltuende Balance von Geben und Nehmen herrscht. Verbundenheit kann entstehen, wenn wir Wissen, Erfahrungen, Ermutigung und Wertschätzung weitergeben und empfangen.
Mit welchen Menschen fühlst du dich verbunden? Wie bringst du deine Verbundenheit zum Ausdruck?
Wofür bist du diesen Menschen dankbar? Wie zeigst du das?
Wie bereichern Menschen deine Leben? Wie bereicherst du das Leben anderer?

Resilienz bedeutet, zwischen Beziehungen, die uns guttun und solchen, die uns auf Dauer schaden unterscheiden zu können und eine Kritik, die uns weiterbringt von einer, die geäußert wird, um uns zu schwächen, zu differenzieren. Und es bedeutet auch, dass wir uns von Menschen, die uns nicht wohlgesonnen sind oder die uns ausnutzen wollen, distanzieren und jenen gegenüber dankbar sind, die uns unterstützen und fördern. Nehmen und Geben wollen in einem gesunden Verhältnis stehen.
Wir Menschen sind soziale Wesen, wir brauchen einander und indem wir immer wieder optimistisch aufeinander zugehen, zeigen wir unsere Resilienz.
„Mit der Resilienz ist es wie mit dem Glück: Ein bisschen bekommt jeder als Geschenk mit auf den Weg, den Rest, das entscheidende „Mehr“, muss jeder sich selbst erarbeiten“ (Rampe: S. 19).
Wenn du dabei Unterstützung und Anregung und im Dialog die für dich passenden Antworten finden möchtest, dann freue ich mich sehr auf eine Begegnung mit dir in meiner Praxis, wo ich unter anderem auch ganz individuelles Resilenztraining anbiete.
Dazu findest du mehr Informationen auf www.sita-balance.at
Literatur :
Gruhl, Monika: Resilienz. Die Strategie der Stehauf-Menschen. Krisen meistern mit innerer Widerstandskraft. Freiburg im Breisgau: Kreuz 2014.
Heller, Jutta: Resilienz. 7 Schlüssel für mehr innere Stärke. München: Gräfe und Unzer 2013.
Rampe, Micheline: Der R-Faktor. Das Geheimnis unserer inneren Stärke. München: Knaur 2005.
Fotocredit: pexels.com
Weiterlesen? Hier geht es zu Säule 7: Zukunft gestalten
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