„Dort wo der Atem hingeht, folgt die Aufmerksamkeit”. Damit präsentieren wir gleich das Thema dieses Artikels. Er ist eine Ode an die Aufmerksamkeit. Eine Ode an den Fokus, dessen Wichtigkeit wir bei der rasanten Geschwindigkeit des modernen Alltags gerne mal in den Hintergrund stellen.
Stress, Job, von A nach B hetzen, ständig Werbung, Smartphones, virtuelle und reale Kommunikation mit allen möglichen (und teilweise unmöglichen!) Menschen – unser Alltag bringt in seiner jetzigen Form von sich aus sehr viel mehr Reize mit sich, als wir eigentlich produktiv verarbeiten oder „verdauen“ könnten.
Oft fühlen wir uns überfordert. Ganz einfach reizüberflutet. Denn wir versuchen natürlicherweise, auf all diese Reize zu reagieren. Leider ist das Resultat, dass sich unsere Aufmerksamkeitsspanne zunehmend verringert. Wir werden zwar immer besser darin, unseren Fokus auf 100 verschiedene Baustellen aufzuteilen (#multitasking), aber konzentriert oder fokussiert zu sein auf eine bestimmte Aufgabe und dieser unsere ganze Aufmerksamkeit zu schenken, fällt uns zunehmend schwerer.

Ein Alltag voller Ablenkung – da kann es manchmal schwer fallen, den Fokus zu finden bzw. zu bewahren
Fokus-Werkzeug gesucht?
Jede und jeder kennt es: einer bestimmten Aufgabe sollte unsere ganze Achtsamkeit gelten, doch dann klingelt das Handy, dann kommen E-Mails rein, Facebook klingelt, Instagram “bingt”, die Arbeitskollegin will was, der Arbeitskollege braucht was … Ablenkungen ohne Ende und Pause. Kein Wunder, dass sich als Resultat davon unsere Aufmerksamkeitsspanne nachgewiesenermaßen verringert, wenn sich unsere Reizüberflutung erhöht und wir deshalb die uns zur Verfügung stehende Aufmerksamkeit ständig aufteilen müssen. Es ist eine bewusste Entscheidung, Abstand zu nehmen und sich wieder fokussieren zu lernen. Glücklicherweise gibt es einige Werkzeuge, die uns dabei helfen können. Eines davon ist Yoga, und zwar das ganze Paket.
Konzentration nach Patanjali
Schon in den klassischen Yogaschriften, bei Patanjalis Yoga Sutren, wird Wert darauf gelegt, die Aufmerksamkeit zu schulen. Der Mensch ist nämlich, wie lange bekannt, ein Gewohnheitstier. Die Überzahl an Reizen prägen wir uns ein, und irgendwann – nach sämtlichen Wiederholungen – verinnerlichen wir sie. Ähnlich verhält es sich aber auch mit dem aufmerksam-sein. Darum steht im Yoga das im-Moment-sein ganz weit oben. Nur wer sich schult, bewusst das Hier und Jetzt wahrzunehmen, immer und immer wieder, wird es schaffen, auch in Stresssituationen bewusster zu werden und einen Gang zurückzuschalten.
„Dharana“ oder „one pointed focus“ nennen die Yogis diese Übung, die sicherlich keine einfache ist. Es ist vielmehr ein ständiges, diszipliniertes Training, sich zu fokussieren, und die ständig wandernde Aufmerksamkeit zurückzuholen in den Moment. Auch hier ist es so, dass sich durch mehrfache Wiederholung dein Gehirn daran gewöhnt und irgendwann sogar gewisse Abläufe verinnerlicht oder „automatisiert“. Darum gilt beim Yoga: „Wo der Atem/die Aufmerksamkeit hingeht, dorthin folgt der Geist“.
Techniken wie Pranayama, Meditation oder auch autogenes Training können hier eine große Hilfestellung bedeuten. Ähnliches gilt aber auch für die Körperübungen des Yoga (Asanas), denn indem man den Körper in bestimmte Positionen bewegt, sollte auch der Geist über die Atmung folgen.

Wer sich immer wieder schult, Ruhe zu bewahren, hält auch in Stresssituationen Fokus und Konzentration
Atem-Übung zur Fokus-Findung
Zur praktischen Umsetzung der Fokus-Findung habe ich hier eine ganz einfache Aufmerksamkeits- (und Entspannungs-) Übung, mit der du jederzeit einen sanften „Reset-Knopf“ im Alltag drücken kannst:
(Quelle: Geeta S. Iyengar – Yoga für die Frau)
Tiefe Atmung praktizieren- „Vorbereitung für die Tiefenatmung“ – Die Kunst des tiefen Ausatmens
1. Liege auf einer Decke in Shavasana
2. Leere die Lungen beim Ausatmen vollständig
3. Atme normal ein und achte dabei auf folgende Punkte:
a. Atme nicht mit Anstrengung ein
b. Achte darauf, nicht die Lage des Kopfes beim Einatmen zu verändern
4. Halte das Zwerchfell fest und atme langsam, rhythmisch, ruhig und tief aus und beachte dabei folgende Punkte:
a. Atme nicht plötzlich oder gewaltsam aus
b. Atme aus, bis sich die Lungen leer anfühlen und sich die Bauchorgane entspannt haben
c. Das Ausatmen muss zwei bis dreimal länger dauern als das Einatmen
d. Nach vollendeter Ausatmung spürt man eine kleine Pause, die das Ende der Ausatmung anzeigt.
5. Das ist ein Zyklus. Führe 15 bis 20 Zyklen in einem Zug aus und entspanne dich in Shavasana.
Fotocredits: Sujetbild (Mathieu Stern), Stefan Cosma, Natalia Figueredo
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