Während meiner Anreise kein Telefonat, kein Radio – nur Stille. Stille, als sich die Tür öffnet. Kein Wort und ein freundliches Nicken. Der Raum ist schlicht, klar und geschmackvoll eingerichtet. Nur das Notwendigste, um eine Stimmanalyse durchführen zu können: ein Laptop, ein Headset und ein Notizblock. Die Anweisungen zu einer Entspannungsübung kommen im Flüsterton.
Und dann fragt mich Stimmanalytikerin Michaela Votruba nach dem Einsatz meiner Stimme. Ich solle ihr etwas erzählen, höre mir selbst dabei gespannt zu, nehme meine Stimme bewusst wahr …
Hiermit trete ich aus meiner Klangkarenz, die ich in der letzten halben Stunde streng eingehalten habe. Mit keinem anderen Klang in Resonanz gehen, das war das Ziel. Nur so kann ich in meine eigene Schwingung kommen: die perfekte Voraussetzung um mein Stimmbild zu erfassen, das als Grundlage für meine Stimmanalyse dienen soll. Ich bin hier, um meinen ganz persönlichen Grundton zu entdecken.
Ein Nuklearwissenschaftler begründet die Stimmanalyse
Ende der 60er Jahre erkannte der Nuklearwissenschaftler Dr. Vemu Mukunda, der aus einer alten indischen Musikerfamilie entstammte, dass über den Klang der Musik und der menschlichen Stimme Emotionen transportiert werden, die sich direkt auf den Körper und die Seele auswirken. Laut alter indischer Überlieferungen hat jeder Mensch seinen eigenen Grundton. Spirituell praktizierende Menschen konnten über bestimmte Meditationstechniken ihren persönlichen Grundton empfangen. Zur Vertiefung ihrer Praxis suchten sie eine Schneckenhornmuschel mit genau diesem Ton um über deren Klang die Wirkung noch zu intensivieren.
Dr. Mukunda war überzeugt, dass es auch andere Möglichkeiten geben müsste, den individuellen Grundton festzustellen. Intensive Forschungen führten ihn dabei zu einer Methode, die den Hauptfrequenzbereich der Sprechstimme erfasst – der Schlüssel zu seiner neuen Verfahrensweise, die mittlerweile über eine spezielle Software sehr schnell zu einem zuverlässigen Ergebnis führt.

Dr. Vemu Mukunda – Begründer der Stimmanalyse
Er entdeckte, dass Menschen der gleichen Berufsgruppe in wesentlichen Tönen übereinstimmten. Mit seiner wissenschaftlichen Methodik untersuchte er diesbezüglich die Stimmen der Menschen über viele Jahre, bis er sich sicher war, dass hinter jedem Ton letztendlich bestimmte menschliche Stärken und Schwächen verborgen liegen.
Im nächsten Schritt gelang es ihm, eine Systematik zu erarbeiten und so den zwölf Tönen der Musik bestimmte Charaktereigenschaften zuzuordnen. Welche Töne in welcher Häufigkeit in einem Stimmbild vorkommen, gibt einen Rückschluss auf bestimmte Wesenszüge eines Menschen.
Von Bauchnabel bis Herzbereich – mein Grundton
Ich konzentriere mich jetzt auf meinen Bauchnabel und töne den Buchstaben „A“ in meinem Grundton, den ich gemeinsam mit der Stimmanalytikerin ermittelt habe. Im Herzbereich töne ich ein „U“ um eine Quinte höher. Im Stirnbereich töne ich mit „M“ eine Oktav über dem Grundton und dann geht es um die Verbindung dieser drei Buchstaben. A-U-M, das Ur-Mantra OM. Das ist eine von vielen Techniken der Stimmanalyse, die auf die Verbindung von Körper, Emotion und Stimme setzt. Emotionen werden bestimmten Körperpunkten zugeordnet. Sie sind aber auch in unserer Stimme wahrnehmbar. Durch das gleichzeitige tönen der Stimme und der Lenkung des Bewusstseins auf einen bestimmten Körperpunkt, werden Emotionen ausgelöst und/oder Gefühle getriggert. Ich empfinde jetzt positive Emotionen, die mich in eine angenehme Ausgeglichenheit bringen.
„Oft ist es so, dass man schon bei der ersten Messung den Grundton eindeutigen erkennen kann“, erklärt Michaela Votruba. „Daraus lässt sich dann eine Persönlichkeitsanalyse ableiten. Wenn diese auch auf Zustimmung des Teilnehmers oder der Teilnehmerin stößt, kann man davon ausgehen, dass die Grundtonbestimmung mit anschließender Analyse erfolgreich war.“
Folgendes Fallbeispiel zeigt jedoch auf, dass das Ergebnis einer Stimmanalyse mit Vorsicht betrachtet werden sollte: eine junge alleinerziehende Frau arbeitete in einem Bereich, der ihr im Grunde gar nicht zugesagte. Sie passte sich jedoch an die Gegebenheiten an, da sie den Beruf als Existenzsicherung brauchte. Diese Tatsache wirkte sich dermaßen auf ihr Stimmbild aus, dass die Charaktereigenschaften, die über die Stimmanalyse ermittelt wurden, vollkommen konträr zu ihrer persönlichen Wahrnehmung standen. Ihr Stimmbild hatte sich durch ihre Anpassung an das berufliche Umfeld verändert. Der ermittelte Grundton stand dadurch gar nicht in Einklang mit ihrem Wesen! Sie war im wahrsten Sinne des Wortes verstimmt.
In diesem Fall empfiehlt es sich, den Ton G einzusetzen. Dieser Ton ist der absolut neutrale Ton, der für alle Menschen eine positive Schwingung bewirkt. Menschen, die in Dysbalance leben, fangen ihre Grundtonübungen mit dem G an, um in weiterer Folge den ganz persönlichen Ton wieder erkennen zu können.
Die Bestimmung des Grundtons ist allerdings kein Therapiegespräch. Dr. Mukunda beschäftigte sich intensiv mit der indischen Musik, von der eine starke emotionale Wirkung ausgeht. Sie kann Zuhörer gezielt in bestimmte Stimmungen versetzen. Vor diesem Hintergrund geht seine Methode in Richtung Musiktherapie und nicht Gesprächstherapie. Die Aufgabe eines Stimmanalytikers oder einer Stimmanalytikerin ist, aufzuzeigen, wo man gerade im Leben steht und das Stimmbild zu entschlüsseln, um sich in weiterer Folge selber besser einschätzen zu können. Stärken und Schwächen werden aufgedeckt. Man bekommt Impulse, sich weiterzuentwickeln. Der Grundton stabilisiert sich im jungen Erwachsenenalter – in der Phase der ersten Verliebtheit – und bleibt über das gesamte Leben eines Menschen hinweg bestehen. Er ist nicht von Geburt an da. Durch schwere traumatische Ereignisse – wie Unfälle oder Krankheiten – im Alter oder durch eine hormonelle Veränderung, kann sich der Grundton verändern.
Mit einer grafischen Übersicht zu meiner Stimmanalyse und meinem persönlichen Grundton in der Tasche – besser gesagt, in meiner Seele – verabschiede ich mich von der Stimmanalytikerin. Aber nicht ohne Hausaufgabe: meine tägliche Grundton-Praxis, die ich mit Hilfe einer CD ganz einfach durchführen kann. NADA BRAHMA steht für den universellen, göttlichen Klang. Alles ist in Schwingung. Dadurch erzeugt alles Klang. Auch der Mensch hat einen Klang und wird durch Klang berührt und beeinflusst. Wenn dieser Klang der eigene Grundton ist, kommt man in Harmonie mit sich selbst und seinem Leben.
Meine Erfahrungen mit der Stimmanalyse
Mein Grundton ist das GIS, das mittlerweile Teil meines Alltages ist. Noch vor dem Frühstück nehme ich mir knapp zwölf Minuten Zeit, um meinen persönlichen Ton mit Unterstützung einer CD in unterschiedlicher Art und Weise zu tönen, die ich von meiner erfahrenen Stimmanalytikerin bekommen habe. Je dreimal ein „A“ mit Bewusstheit im Nabel, „U“ im Herz und „M“ im Stirnbereich. Jetzt folgt einundzwanzigmal „A-U-M“, das ich im Glissando über eine Oktave zu GIS singe.
Ich fühle mich hier zuhause – ich singe OM! Ich vergesse in diesen Minuten alles um mich herum. Ich habe eine neue Meditationsmethode für mich entdeckt.
Der Klang meines Grundtones beruhigt mich, auch wenn ich sonst eher selten singe. Die Vibrationen, die meine Stimme dann am Ende meiner Praxis noch lange in meinem Körper nachschwingen lassen, eröffnen mir eine ganz neue Selbstwahrnehmung. Eine sehr feinstoffliche Begegnung mit mir selbst. Ruhe, Entspannung, Auflösung emotionaler Blockaden und Steigerung der Selbstheilungskraft sind nur einige Aspekte, die Nada Brahma Stimmübungen mit sich bringen sollen.
Ich glaube, dass ich mich ganz unabhängig von diesen vielversprechenden Nebenwirkungen noch lange in meinem Grundton baden werde. Schon alleine wegen der meditativen Erfahrung.
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Über Mag. Michaela Votruba
„Die Menschen, die zu mir kommen, wollen etwas über sich selbst erfahren – ihre Stärken und Schwächen kennenlernen. Sie sind offen und neugierig, manchmal der Methode gegenüber auch etwas skeptisch, aber über das Ergebnis sind sie dann verblüfft. Einige sind im Beruf unzufrieden und überlegen sich zu verändern. Die Stimmanalyse als Schlüssel zur eigenen Persönlichkeit liefert hier wertvolle Informationen für Ausbildung und berufliche Orientierung.“
Mag. Michaela Votruba, eine studierte Betriebswirtin mit Spezialisierung Personalmanagement, hat viele Jahre in einem großen Dienstleistungsunternehmen in den Bereichen Marktanalyse, Interne Revision und Prozessmanagement Erfahrungen sammeln können. Ihre erste Begegnung mit der Stimmanalyse hatte sie bei einer Personalmesse 2011, wo u.a. ein Vortrag zur „Business Stimmanalyse“ gehalten wurde.
„Mich hat das Konzept der Stimmanalyse sofort fasziniert. Daher habe ich auch die Ausbildung zur Stimmanalytikerin gemacht. Mein Ziel ist es, dieses Tool zur Persönlichkeitsanalyse im Unternehmensbereich anzubieten – hier sehe ich ein großes Potential.“
Derzeit bietet sie Stimmanalysen hauptsächlich für Privatpersonen in der Nähe von Wien an.
Mehr dazu: voiceandmind.at
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