Nichts tun. Den Körper schwer in den Boden sinken lassen. Ich weiß noch genau, wie sehr ich diesen Moment nach meiner allerersten Yogastunde genossen habe. In Shavasana können wir die süßen Früchte unserer Praxis ernten: Herzschlag und Atemfrequenz werden langsamer, das zentrale Nervensystem beruhigt sich, der Geist ruht in entspannter Aufmerksamkeit. Wohlbefinden, Energieniveau und sogar das Selbstbewusstsein können durch Shavasana verbessert werden.
Klingt einfach? Ist es auch! Gleichzeitig kann es manchmal wahnsinnig schwer fallen, den Kopf „frei zu bekommen“. Den größten Teil unseres Alltags werden wir von Reizen überflutet. Einfach nichts zu tun fällt uns so schwer, weil unser Körper den Modus ständiger Aktivität und innerer Anspannung als Normalzustand verinnerlicht hat. Deshalb brauchen wir die physische Asana-Praxis, um vom Kopf in den Körper zu gelangen. Wohl den allerwenigsten Menschen dürfte es gelingen, nach einem anstrengenden Büroalltag ohne vorherige Yoga-Praxis in der Totenstellung den Kopf auszuschalten.
Thai Yoga Massage, auch passives Yoga genannt, ist ein großartiges Mittel, um den Prozess des Loslassens in Shavasana zu unterstützen. Mit Präsenz, Achtsamkeit und einer liebevollen Intention ausgeführt reichen einige wenige Handgriffe, um den Schüler tiefer in die Entspannung gleiten lassen. Durch die passive Erfahrung der Berührung wird die Aufmerksamkeit des Empfängers auf natürliche Weise in den eigenen Körper gelenkt. Das autonome Nervensystem schaltet von sympathischer Funktion (Flucht- oder Kampf-Modus) auf parasympathische Funktion (Ruhemodus). Wenn der Körper optimal ausgerichtet in Shavasana liegt, kann Prana, unsere Lebensenergie frei und ungehindert fließen.
Die folgende Sequenz eignet sich für Yogalehrer am Ende einer Gruppen- oder Einzelstunde, sowie einfach zum Üben und Genießen. Es können entweder die komplette Sequenz oder auch nur Teile daraus ausgeführt werden. Vor der Anwendung am Schüler empfiehlt es sich jedoch die Techniken einzeln zu üben, um zu wissen, worauf es jeweils ankommt.
Vorbereitung:
Bring die Handflächen in Namaste-Mudra vor der Brust zusammen. Schließe die Augen, nimm einige Atemzüge um dich selber zu spüren und bei dir anzukommen. Fasse die Intention, dem anderen etwas Gutes tun zu wollen. Für die erste Berührung platziere deine Hände langsam, achtsam und respektvoll auf dem anderen Körper als ob du um Erlaubnis bitten würdest. Dann erst beginne mit der Massagesequenz.
Beine ausrichten (Bild 1)
Unter die Fersen des Partners greifen. Mit dem eigenen Körpergewicht zurücklehnen und damit Länge in den Beinen erzeugen. Falls der Schüler die Muskulatur noch anspannt, d.h. bewusst oder unbewusst festhält, hilft eine sanfte Schüttelbewegung, ihn zum Loslassen einzuladen. Anschließend die Beine langsam zum Boden bringen. Die Füße fallen entspannt im 45 Grad Winkel nach außen.
Oberschenkel nach innen rotieren und erden (Bild 2a, 2b, 2c)
Diese Technik wirkt sehr beruhigend auf das zentrale Nervensystem. Die Innenrotation der Oberschenkel im Hüftgelenk bewirkt eine Öffnung im unteren Rücken und wird insbesondere von Menschen mit Beschwerden in diesem Bereich als sehr wohltuend empfunden. Dazu zunächst mit sicherem Griff das Knie anheben (Bild 2a). Anschließend mit stabilem Druck um die Mitte des Oberschenkels herumgreifen (Bild 2b). Achtung: Um wirklich den Oberschenkelknochen bewegen zu können und damit die Ausrichtung zu verändern, ist es nötig kräftig zugreifen und den Muskel gegen den Knochen pressen. Anschließend die innere Hand lösen (die äußere Hand hält den Oberschenkel in Innenrotation) und mit beiden Händen den Oberschenkel in den Boden erden.
Schulterassist (Bild 3a, 3b, 3c)
Eine wunderbare Technik gegen Verspannungen im Schulter- und Nackenbereich: Durch sitzende Tätigkeiten und Computerarbeit sind bei vielen Menschen die Schultern nach vorne gerollt. Diese Technik hilft, die Schulterblätter wieder zurück auf den Rücken und damit in optimale Ausrichtung zu bringen. Mit beiden Händen diagonal eine Hand greifen, das eigene Körpergewicht zurücklehnen, um die Schulter leicht anzuheben (Bild 3a). Mit der äußeren Hand hinter das Schulterblatt greifen (Bild 3b) und das Schulterblatt nach hinten und unten ziehen. Die Hand noch hinter dem Schulterblatt lassen und den Arm wieder zurück zum Boden bringen. Die andere Hand unterhalb des Schlüsselbeins auf dem Ansatz des Brustmuskels platzieren (Bild 3c). Sanften Druck nach unten geben und dabei die Hand unter dem Schulterblatt lösen.
Becken ausrichten (Bild 4)
Beide Hände unter die Hüftknochen bringen. Dazu am besten das Becken sanft von links nach rechts bewegen, um die Hände unter den Körper zu bringen. Mit dem eigenen Körpergewicht zurücklehnen und das Becken leicht nach vorne kippen. Durch diese Technik wird die Lendenwirbelsäule verlängert und erhält einen besseren Boden Kontakt. Gleichzeitig fällt es leichter, auf der Körpervorderseite den Bauch zu entspannen.
Halswirbelsäule verlängern (Bild 5)
Zur Kopfseite wandern und den Kopf anheben. Die Fingerkuppen unterhalb des Schädelansatzes platzieren. Hier befinden wichtige Trigger- und Akkupressurpunkte (u.a. am Ansatz des Trapezius-Muskels). Beide Füße fixieren mit den Fußballen die Schultern. In der Ausatmung des Schülers sanften Zug in die eigenen Hände geben und damit die Halswirbelsäule strecken.
Kopfmassage (Bild 6)
Eine kurze Kopfmassage ist das ideale Mittel, jemanden tief in Entspannung zu bringen. Falls vorhanden können dazu auch Öle eingesetzt werden (bei Einsatz von ätherischen Ölen am besten vorher sicherstellen, dass keine entsprechende Allergie vorliegt). Die Bewegungen können in kleinen Kreisen über Kopfhaut und Schläfen erfolgen. Vertraue beim Massieren ruhig deiner Intuition. Wichtiger als eine bestimmte Technik sind Präsenz und Intention. Gerade im Kopfbereich sollten alle Berührungen sehr langsam und achtsam erfolgen.
Tobias Frank beschäftigt sich als Yogalehrer und Thai Yoga Praktizierender schon seit vielen Jahren mit Körperarbeit. Im Rahmen seiner Thai Yoga Ausbildungen hat er schon über 100 Schüler in dieser Heil- und Berührungskunst ausgebildet.
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Aktuelle Trainings:
5.-11. August, Köln (www.vishnuscouch.de)
18.-22. September, Stuttgart (www.yogaloft-stuttgart.de)
2.-6. Oktober, Dortmund (www.coolyoga.de)
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