Bei einem Skydive auf den Fallschirm zu vertrauen oder jemanden nach dem Weg zu fragen. Auf ’s offene Meer rauszuschwimmen oder Papa anzurufen und ihm zu sagen, dass man ihm verzeiht. Mit der höchsten Hochschaubahn zu fahren oder zu sagen: „Mir ist das alles zu viel.“ Den Job zu kündigen, obwohl es noch keinen neuen gibt, oder diesen Menschen dort drüben mal anzusprechen. Für all das und noch mehr brauchen wir ihn. Ihn, der sich in den Proben des Lebens zeigt. Mut, im Sanskrit Abhaya genannt.
Mut zählt mitunter zu unseren wichtigsten Begleitern auf unseren Lebenswegen und spirituellen Pfaden. Er hält unsere Hand, wenn wir „anders sind als die anderen“ oder anders handeln als es von uns erwartet wird, wenn wir nach höheren Idealen streben, wenn wir wagen, was noch wenige gewagt haben, unseren Schatten tief in die Augen schauen, eingreifen, wenn Unrecht geschieht, wichtige Entscheidungen treffen, nach Niederlagen aufstehen und weitergehen, unserer Berufung folgen und uns für eine gute Sache engagieren oder … die Liste hat – wie sich schon zuvor gezeigt hat – wohl kein Ende.
Im Yogawiki von Yoga Vidya heißt es: „Mut ist die Fähigkeit, beherzt etwas anzugehen, dessen Ausgang nicht sicher ist.“ Beherzt und überlegt. Mutig zu sein, bedeutet nicht, ohne Rücksicht auf Konsequenzen oder Verluste vor- zugehen. Das wäre leichtsinnig, und Leichtsinn verkleidet sich gerne als Mut. Doch die Maske, die er trägt, ist die Unwissenheit. Dr. Karl Werner Ehrhardt, Psychologe und einer der führenden Burnout-Experten, sagt in einem Interview: „Mut ist etwas Kerngesundes, Tolles, Aktives, Zuversichtliches. Es sind die gesunden Aggressionen. Das sind unsere Superhormone Adrenalin und Dopamin in einer fantastischen Dosierung. Diesen Mut im Alltag spürt man am besten, wenn man Entscheidungen trifft, dann befinden wir uns hormonell und mental in einem sehr positiven Zustand.“ Ja, Mut fragt nach Entscheidungen.
Was keiner wagt, das sollt ihr wagen /
was keiner sagt, das sagt heraus
was keiner denkt, das wagt zu denken /
was keiner anfängt, das führt aus.
Wenn keiner ja sagt, sollt ihr’s sagen /
wenn keiner nein sagt, sagt doch nein
wenn alle zweifeln, wagt zu glauben /
wenn alle mittun, steht allein.
Wo alle loben, habt Bedenken /
wo alle spotten, spottet nicht,
wo alle geizen, wagt zu schenken /
wo alles dunkel, machet Licht.
Lothar Zenetti
Mut, bitte kommen! Wie wir uns mehr trauen können
Nun, DAS Rezept für mehr Mut gibt es – wie immer – nicht. Aber EIN Rezept. Dieses ist das, was ich (mit dem Wissen, das ich jetzt habe) für mich gefunden habe: Man nehme Tapferkeit und vermenge diese mit Respekt, Beharrlichkeit und Ehrlichkeit. Dann würzen – mit einer Prise Angst, einer Prise Demut und viiiel Liebe. Am Ende lasse man das Ganze über der Flamme des beherzten Tatendrangs köcheln. Rührig sein. Fertig. Keine Sorge, die Zutaten hast du schon längst.
Tapferkeit
Laut Yogawiki von Yoga Vidya bedeutet moralische Tapferkeit oder auch Parakrama, getreu seinen Prinzipien zu handeln oder „in schwierigen Situationen für das Richtige einzustehen“, auch wenn man verletzt oder missbilligt werden könnte (!). Tapferkeit hat viel mit Verantwortung zu tun, und sie zu übernehmen und zu wissen, wann wir sie abgeben können, ist wohl eine der bedeutendsten Übungen in unserem Leben. Dazu ein bekanntes Gebet an das Göttliche: „Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine von dem andern zu unterscheiden.“
Sei tapfer, übernimm Verantwortung und gib ab, was du nicht mehr tragen willst.
Respekt
Es gibt da ein Kinderbuch von Lorenz Pauli namens „mutig, mutig“. Darin beweisen eine Maus, ein Frosch, eine Schnecke und ein Spatz zum Zeitvertreib ihren Mut. Die Maus taucht durchs Wasser. Das findet der Frosch zwar nicht sehr mutig, doch die Maus bekommt von allen Applaus. Der Frosch isst Grünzeug. Das findet die Schnecke wiederum nicht sehr mutig, doch der Frosch bekommt von allen Applaus. Die Schnecke verlässt für kurze Zeit ihr Schneckenhaus. Das findet der Spatz wiederum nicht mutig, doch die Schnecke bekommt von allen Applaus. Am Ende sind alle gespannt darauf, was der Spatz wohl tun wird. Und der Spatz? Der sagt nur: „Ich … ich … Ich mach nicht mit.“ Die anderen sind verdattert, aber sie begreifen. Ja, das ist wirklich mutig.
Was ist für dich mutig – auch wenn es scheinbar ein Klacks ist? Wo zeigen andere Mut, den es mehr zu respektieren und wertzuschätzen gilt?
Beharrlichkeit
Synonyme dafür könnten „Weitergehen“ und „Dranbleiben“ sein. Weitergehen, auch bei Gegenwind. Weitergehen, auch bei Widerständen. Weitergehen, nur dann kann etwas weitergehen. Etwas, das Beharrlichkeit auch will, beschreibt Ana Forrest in ihrem Buch „Die Yoga Kriegerin“: „Mach Veränderung zu einer Gewohnheitsübung. Was immer du auch gerne tun möchtest oder wie immer du auch gerne sein möhtest, du musst es jeden Tag üben, lernen oder lehren – mindestens drei Dinge.“
Geh weiter, auch wenn es schwer fällt (du darfst auch immer nach dem Weg fragen und Hilfe annehmen!), und denke mal kurz darüber nach, welche drei Dinge du heute bräuchtest, um der Mensch zu sein, der du am liebsten bist.
Ehrlichkeit
In „Die Yoga Kriegerin“ steht über truth speaking: „Jedes Mal, wenn wir die Wahrheit aussprechen, bringt es die Spinnweben und die Düsterkeit in unserem Leben zum Erzittern und zapft wieder die Schönheit in unserer Welt, in uns selbst und in unserem Gegenüber an.“
Sprich ehrliche Worte, nimm deine Wahrheit in den Mund und trau dich, von Herzen – mit Wertschätzung für dein Gegenüber – zu sprechen.
Angst
Nun Angst ist nicht das Gegenteil von Mut, vielmehr ist es der Mut, der unserer Angst über die Straße hilft, sie an der Hand nimmt und beruhigt. Und es ist der Mut, der zur Angst sagt: „Nein, das ist kein Monster. Da steht einfach nur jemand gut im Licht und wirft seinen Schatten.“
Mut bedeutet nämlich nicht, dass man keine Angst hat – Mut bedeutet, Angst zu haben und trotzdem ins Tun zu kommen.
Demut
In Demut ist der Mut bereits enthalten. Hier sei nicht die Rede von Demut, die machtlos auf Knien rutscht, nein. Demut geht zurück auf den althochdeutschen Begriff diomuoti und kann mit „Gesinnung eines Dienenden“ übersetzt werden. Wer demütig handelt, weiß, dass er dient – einer Sache, einem Menschen, etwas Höherem. Wenn du dir in Erinnerung rufst, dass das, was du tust oder planst, zu tun, einer Sache dient – vielleicht der, dass du dich gesünder, befreiter, entspannter etc. fühlst –, vielleicht geht es dann etwas leichter. Probiere es!
Wie kannst du für dich in deinem Tun die Gesinnung des Dienen heute hier und jetzt noch mehr entfalten?
Liebe
Wenn es mühsam wird, wenn es anstrengend wird, wenn die Angst zu groß wird, dann erinner dich an sie: an Ihre Liebe. Deine Liebe zu dem, was du tust oder tun willst. Deine Liebe zu dem, wofür du brennst. Deine Liebe zu deinem eigenen Mut. Und es wird leichter.
Tatendrang
Tatendrang ist wie schon erwähnt die Flamme, über der dein mutiger Zaubertrank köchelt. Was es vor allem braucht für Mut: ins Tun zu gehen. Machen. Angehen.
Fotocredits: Pixabay (2)
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