Wenn alles zu viel wird – Erkenntnisse einer erschöpften Mami
Es gibt so Tage im Leben einer Mama, an denen ihr klar wird, das es einfach zu viel ist. Zu viel Verantwortung, zu viel Wäsche, die im Badezimmer wartet. Zu viel Fremdbestimmung, zu viel vom immer-nur-Geben, zu viel Babygeraunze, zu viele Diskussionen, zu viel „ich-muss-noch-kochen“ und zu viel da sein für andere, während Mama selbst langsam aber sicher untergeht …
Diese Tage sind furchtbar. Es sind Momente, die mir zeigen, dass ich zu spät die Notbremse gezogen habe. Zu spät erkannt habe, dass ich mehr Entspannung brauche, mehr Zeit für mich – alleine als Frau, ohne die Mutterrolle. Es sind meistens jene Tage kurz vor meiner Menstruation, wenn ich auf den vergangenen Monat zurückblicke und erkenne, ich habe einfach zu viel gemacht, verlangt und von mir selbst gewollt. Ich habe viel zu selten das Chaos liegen gelassen, einfach viel zu selten über all das hinweg gesehen, was meinen Mutteralltag so anstrengend macht. Ich habe viel zu viel darauf geachtet, dass alles „wie am Schnürchen“ läuft – und dabei vergessen, dass ich selbst eigentlich gar nicht mehr laufen kann.
Denn es gibt so Tage – manchmal längere, manchmal kürzere – an denen Mama einfach nicht mehr kann. Wo sich Ungeduld, Frustration, Depression und das Gefühl der absoluten Enge im eigenen Leben breit machen. Psycholog/innen würden es Erschöpfungsdepression nennen und viele Frauen leiden bemerkt oder ganz unbemerkt daran.
Ich habe erkannt, dass meine Gefühle dann zerspringen, wenn ich mir nicht genügend Raum nehme. Für mein Sein. Einfach aussteige aus den täglichen Verpflichtungen zwischen Job, Kind, Haushalt. Tagein. Tagaus. Immer im selben Rad. Täglich grüßt das Murmeltier. Denn sobald Frau ein Kind oder Kinder hat, ist der Alltag, ob man will oder nicht, durchprogrammiert. Das kann oft zermürbend sein, wenn Mama sich nicht Freiräume für Körper, Geist und Seele gönnt. In denen sie einfach nur sein kann. Für mich sind es seit den Erkenntnissen einer erschöpften Mama ein Kino- oder Theaterbesuch mit meinem Mann, ein wohltuendes Treffen mit Freundinnen, ein Mittagsschläfchen, mich bewusst dafür zu entscheiden einmal nicht zu arbeiten (obwohl das Konto eine Finanzspritze gebrauchen könnte). Es sind die Momente, in denen ich alleine spazieren gehe und die Verantwortung für mein Kind in die Hände meines Mannes lege. Und auch jene, in denen ich mich abends mit einem guten Buch um 20:00 ins Bett lege, statt nach langem Kleinkindalltag dann noch den Haushalt zu machen oder gar zu arbeiten.
Ich habe bemerkt, dass es diese kostbaren kleinen Augenblicke sind, die den großen Unterschied in meinem ganzheitlichen Wohlbefinden machen. Und auch wenn sie so unscheinbar scheinen, für manche Menschen ganz normal zum Leben dazugehören, sind sie für mich wichtige Freiräume, in denen ich Kraft und Mut sammeln kann und wieder mehr bei mir bin. Denn nur so kann ich eine gute Mami sein. Eine mit Geduld, eine die versteht, eine, die nervlich im Gleichklang ist und eine, die öfter einmal entspannt durch den Alltag fließt, als sich von einem Punkt auf dem Terminkalender zum nächsten durchzuarbeiten.
Vielleicht ist es eine neue Entwicklung das Frauen sich durch den Alltag mit Kind und Job oft belastet und überlastet fühlen. Liegt es daran, dass man als Frau nicht wirklich zu den eigenen Gefühlen steht? Seit wie vielen Jahrhunderten haben wir denn gelernt, unsere weiblichen Bedürfnisse zu unterdrücken oder uns und anderen einzugestehen, dass wir überhaupt welche haben dürfen?
Oft ertappe ich mich selbst dabei, wenn ich mich für meine Gefühle der Verzweiflung schuldig fühle. Denn in dem gesellschaftlichen Bild der Mutter, das bei uns herrscht, ist alles immer rosa, liebevoll, harmonisch und ja, wie in der Pampers Werbung – perfekt eben. Doch der Alltag mit einem Kleinkind ist nicht perfekt, sondern einfach nur menschlich. Mit all seinen Höhen und Tiefen. Und, nach vielen Momenten der Beobachtung, Reflexion und des mich Neu-Entdeckens durch meine Mutterrolle, habe ich erkannt, dass ich die Höhen und Tiefen des Mami-Alltags am besten reiten und genießen kann, wenn ich mir ganz menschliche Freiräume schaffe. Um ganz mit mir zu sein und wieder bei mir anzukommen.
Fotocredits: Nives Gobo
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