Hot Yoga, insbesondere Bikram-Yoga, boomt weltweit. Immer mehr Yogis schwören auf die anstrengende Praxis im Hot Room. Nur heiße Luft oder eine coole Methode? Die Selbstfindung im Schweiße des eigenen Angesichts ist Geschmacksache.
Ein Guru und sein Patent
Der am weitesten verbreitete Hot-Yoga-Stil ist Bikram-Yoga, gegründet von Bikram Choudhury. Er wurde 1946 in Indien geboren, praktiziert seit seinem 4. Lebensjahr Yoga und war mit zwölf Jahren der jüngste Yoga-Champion Indiens. 20-jährig gelang es ihm mit Hilfe seines Lehrers Bishnu Gosh und intensiver Yoga-Praxis, seine eigene schwere Knieverletzung, passiert beim Gewichtheben, auszuheilen. Aus diesem Antrieb heraus entwickelte er in Zusammenarbeit mit der Universitätsklinik in Tokyo den nach ihm benannten Yoga-Stil. Mittlerweile lebt er in den USA, bildet Bikram-YogaLehrer aus und betreibt ein FranchiseSystem für Yoga-Studios, die seinen Stil unterrichten. Bikram-Yoga ist mit bald 1000 Yoga-Studios weltweit der erfolgreichste Yoga-Stil, jedenfalls für Bikram Choudhury selbst, der angeblich Millionen auf dem Konto und einige Luxusschlitten in der Garage hat.
Für seinen Yoga-Stil wählte Bikram aus Tausenden Hatha-Yoga-Asanas 24 aus und kombinierte sie mit 2 Atemübungen. Das Neue an Bikram sind demnach nicht die Asanas, sondern das Praktizieren einer strikt festgelegten Übungsabfolge in einem so genannten Hot Room, einem auf 105 Fahrenheit (40,6 Grad Celsius) aufgeheizten Raum. Nur jene Yoga-Lehrer, die die neunwöchige Ausbildung bei Meister Bikram persönlich gemacht haben, dürfen sich „Certified Bikram Yoga Instructor“ nennen und Bikram unterrichten. Und damit nicht genug, hat sich Bikram Choudhury auch Bikram-Yoga und somit die Abfolge der 26 Bikram-Übungen in einem Hot Room Ende der 70er Jahre patentieren lassen, was vor allem in der Yoga-Heimat Indien zu heftiger Kritik führte. Denn schließlich sehen die Inder Yoga als Teil der alten indischen Philosophie, die nicht als verwestlichte „Yoga-Marke“ zu Geld gemacht werden soll. Dennoch sind die Vorteile der Patentierung und strengen Ausbildung nicht von der Hand zu weisen – nur wo Bikram drauf steht, ist auch Bikram drin. Denn jeder, der Bikram-Yoga unterrichtet, hat bei Meister Bikram persönlich die neun Wochen dauernde Intensivausbildung (durch-) gemacht.
Heilende Hitze
Die Vorteile von Hot Yoga sind, dass der Körper nicht nur von innen durch die Asanas, sondern auch von außen durch die hohe Raumtemperatur aufgewärmt wird. Das hilft einerseits beim Dehnen, andererseits werden durch das intensive Training und Schwitzen der Stoffwechsel angeregt und Entgiftungsprozesse in Gang gesetzt. Und dass Hitze eine heilende Wirkung haben kann, ist bekannt. „Schließlich reagiert unser Körper auch mit Fieber, um Krankheiten zu bekämpfen, und viele Verletzungen, Krankheiten oder Verspannungen werden mit Wärme behandelt“, so Tammy Goswami Rauch vom Bikram Yoga-Studio Schottenring. Diese Vorteile machen sich naturgemäß auch andere Hot-Yoga-Richtungen zu Nutze. Einige Schüler Bikrams, wie etwa Jimmy Barkan, entwickelten ihren eigenen Hot-Yoga-Stil („The Barkan Method“), und immer mehr Yoga-Studios bieten Yoga in speziell aufgewärmten Räumen an, um ein intensiveres Arbeiten zu ermöglichen. Hot-Yoga-Kritiker sehen vor allem die immense Belastung für den Kreislauf und mögliche Überdehnung der Muskeln und Sehnen als Problem, ebenso die Gefahr von Dehydrierung und Mineralstoffmangel durch das viele Schwitzen.
Schwitzen im Sitzen
Was erwartet nun einen Bikram-Neuling? In jeder 90minütigen Basic-BikramEinheit werden die gleichen 26 Übungen in einem 38 bis 40 Grad warmen Raum unterrichtet. Dieser ist meist verspiegelt, damit die genaue Ausführung der Asanas stets kontrolliert werden kann. Nach einer anfänglichen Atemübung folgen 11 Stehhaltungen, darunter etwa der halbe Mond, der stehende Bogen, der Baum oder das Dreieck. Jede Asana wird zweimal hintereinander ausgeführt. Nach ca. 25 Minuten und einer kurzen Trinkpause folgen 13 Asanas auf dem Boden, darunter etwa Kobra, Heuschrecke, Kamel und Drehsitz. Auch diese werden jeweils zweimal hintereinander ausgeführt, dazwischen ein 20sekündiger Kurz-Savasana und ein Situp beim Stellungswechsel. Mit einer Atemübung (Kapalabhati) und abschließender kurzer Endentspannung endet die Einheit.
Hot or not?
Schweißgeruch statt Räucherstäbchen und weder Om noch Mantren begleiten eine traditionelle Bikram-Stunde. Wer also Spiritualität sucht, kann sie während der Bikram-Praxis nur in sich selbst finden. Auch, wenn das schweißtreibende Training viele Vorteile hat, muss man es mögen und sich als Neueinsteiger Zeit geben, sich daran zu gewöhnen. Daran, dass wirklich 90 Minuten lang der Schweiß rinnt, dass der Kreislauf vor allem anfangs manchmal verrücktspielt und dass sich Hot Yogis mehr Zeit nehmen müssen als andere. Das Ausschwitzen, Duschen und gegebenenfalls Haarefönen nach der Stunde dauert. Der Trainingseffekt von BikramYoga ist nicht zu leugnen, denn der Körper wird intensiv beansprucht und das starke Schwitzen fordert seinen Tribut. Viele, die regelmäßig Bikram betreiben, ändern auch ihre Essgewohnheiten und geben sogar Laster wie Alkohol oder Zigaretten auf. Das äußerst fordernde Praktizieren wirkt natürlich auch auf die Psyche – noch mehr als bei sanfteren Yoga-Stilen muss man auf die eigenen Grenzen achten und erfährt diese sehr intensiv, was auf lange Sicht das Selbstvertrauen stärkt. Man weiß, was man sich zutrauen kann, und man lernt sich selbst besser kennen. Das erleichtert auch den Umgang mit schwierigen Situationen im Alltag und lässt einen viel entspannter werden. Wer diese Selbsterfahrung im BikramYoga suchen will, wird sie auch finden. Wie Bikram bezeichnend sagt: „The only way to Heaven is through Hell“.
Heiße Tipps für “Virgins” beim Bikram Yoga & Hot Yoga:
Trinken
Viel trinken, nicht erst kurz vor der Stunde, sondern schon früher (währenddessen ist etwa beim BikramYoga häufiges Trinken nicht möglich). Es reicht Wasser, aber wenn mehr als 2-3mal pro Woche praktiziert wird, sind Elektrolyte kein Fehler.
Essen
Am besten eine möglichst leichte Mahlzeit 2-3 Stunden vor der Stunde. Kurz vorher keinesfalls essen.
Kleidung
So wenig und so leicht wie möglich. Bei Männern reicht eine Short oder Badehose, bei Frauen Top und kurze Hose. Yogiert wird barfüßig.
Kreislauf
Das Wichtigste am Anfang ist, auf jeden Fall im Hot Room zu bleiben. Kippt der Kreislauf, tief atmen, trinken, pausieren.
Equipment
Mindestens zwei Handtücher (ein mattengroßes und ein kleineres zum Schweißwischen) und ein Duschtuch mitbringen, außerdem eine Wasserflasche und eine eigene Matte. Gibt es in den meisten Zentren aber auch zum Ausleihen.
Atmung
Besonders ans Atmen denken, auch bei großer Anstrengung nie den Atem anhalten, sondern tief durch die Nase weiteratmen.
Grenzen
Nichts erzwingen, die Übungen nur soweit mitmachen, wie es die eigenen Kräfte erlauben. Nicht auf die anderen schauen, sondern auf sich selbst.
Zeit
Früh genug da sein, sich vielleicht einige Minuten vor Beginn im Hot Room auf der Matte sitzend oder liegend akklimatisieren. Nach der Stunde genügend Zeit für Ausschwitzen, Duschen und evtl. Haaretrocknen einplanen.
Bikram Yoga und Hot Yoga in Österreich:
Yoga College Wien – http://www.yogacollege.at (1070, Wien)
Bikram Yoga Wien Schottenring – http://www.bikramyogavienna.at (1010, Wien)
Hot Yoga Vienna – http://www.hotyogavienna.at (1060, Wien)
Bikram Yoga Wien Süd – http://www.bikramyogawiensued.at (Wien)
Do Yoga – http://doyoga.at (Graz)
Hot Yoga Linz – http://www.hotyogalinz.at (Linz)
Weitere Links zum Thema:
https://www.bikramyoga.com
http://www.barkanmethod.com
Fotocredits: Irene Schaur (yogacollege.at), pixabay
yoga.ZEIT übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Die Inhalte dieser Plattform dienen zu informativen Zwecken in redaktioneller Art und Weise und stellen somit keine Heilaussagen oder Versprechen zu Behandlungserfolgen und dergleichen dar.
Kommt yoga.ZEIT schon GRATIS zu dir nach Hause? Falls nicht, bestell dir jetzt hier dein GRATIS Abo unserer Printausgabe der yoga.ZEIT, die 2x im Jahr erscheint.