Dr. Sita Silvia Sitter stellt dir im Rahmen einer Artikelserie die 7 Säulen der Resilienz vor. Hier liest du mehr über die Säule 3: Die Lösungsorientiertheit.
Resilienz – sie ist die Fähigkeit, mit schwierigen Zeiten im Leben zurechtzukommen, indem wir auf eigene und sozial vermittelte Ressourcen zurückgreifen und Krisen für unsere persönliche Entwicklung nutzen. Resilienz zu trainieren heißt, unsere innere Stärke und unsere Widerstandsfähigkeit zu vergrößern. Es gibt sieben Säulen, auf denen Resilienz aufbaut. Hier findest du mehr über die 3. Säule, die Lösungsorientiertheit.
„Lebensqualität hängt nicht allein von Glücksgefühlen ab, sondern auch davon, was man für sein Glück tut.“[1] Mihaly Csikszentmihalyi, Psychologe.
Die dritte Säule der Resilienz, die uns dabei helfen kann, unsere innere Stärke zu spüren, widerstandsfähiger zu werden und besser mit schwierigen Zeiten im Leben zurechtzukommen, ist die Lösungsorientiertheit.
Wie schon bei den beiden ersten Säulen der Resilienz – Optimismus und Akzeptanz – möchte ich auch hier wieder einige Fragen auf dich wirken lassen. Durch diese Fragen kann dein Geist wach werden, deine Selbstreflexion wird gestärkt und sie leisten einen Beitrag dazu, dass deine Selbstregulation genau dort angeregt wird, wo es gerade erforderlich ist. Lass die Fragen auf dich wirken und die Antworten finden, die für dich jetzt gerade die passenden sind, um den nächsten Schritt zu mehr Resilienz zu machen.
Lösungsorientiertheit gefragt?
Wenn du dir jetzt kurz Zeit für eine Bestandsaufnahme nehmen möchtest, führe dir mit folgenden Fragen vor Augen, welche Einstellungen und Erfahrungswerte du zum Thema Lösungsorientiertheit mitbringst:
Was bedeutet es für dich und welche Gefühle löst es in dir aus, wenn du vor einem Problem in deinem Leben stehst?
Wie gehst du an Probleme heran?
Wie denkst du darüber?
Was wünscht du dir für dein Leben in Bezug auf das Thema Lösungsorientiertheit?
Wenn wir vorwiegend problemorientiert denken, verwenden wir viel Kraft und Zeit darauf, aktuelle oder auch mögliche Probleme immer wieder in allen Einzelheiten zu beschreiben und zu beklagen. Je mehr etwas – eine Handlung, Reaktion oder auch Geisteshaltung – geübt oder praktiziert wird, umso mehr werden dementsprechende Verknüpfungen in unseren Nervenzellnetzwerken im Gehirn konsolidiert, sie verändern sich durch die Wiederholungen. Was praktisch und hilfreich ist, wenn wir etwas lernen möchten, kann hinderlich werden, wenn wir gedanklich immer und immer wieder um ein Problem kreisen – es wird größer anstatt kleiner.
Im Sinne der Resilienz stehen die Gedanken um mögliche Lösungen im Vordergrund. Die Konzentration gilt der Bewusstwerdung und Aktivierung von Ressourcen, der Visualisierung erwünschter Ergebnisse und dem Erreichen von Verbesserungen und Fortschritten. Das öffnet den Blick nach vorne, setzt Kräfte frei für das Erkennen des Wesentlichen und ermöglicht, neue, vielleicht auch ungewohnte Perspektiven zu gewinnen. Neue neuronale Verschaltungen können gebildet werden.

Veränderung gewünscht – nur welche?
Aktiv nach Lösungen zu suchen bedeutet auch, sich eine klare Vorstellung davon zu machen, worin eine erwünschte Wendung bestehen soll und ehrlich und selbstkritisch zu hinterfragen, ob diese Veränderung auch wirklich die beste ist. Viele Menschen wissen ganz genau, was sie nicht wollen, was ihnen nicht gefällt und was ihnen alles im Wege steht. Doch wer kein Ziel hat, kommt auch nirgends an. Es ist wichtig zu wissen, was wir wollen, was uns antreibt und welche Motive unser Handeln bestimmen.
Wie leicht fällt es dir, klare Ziele zu formulieren? Was willst du wirklich? Was suchst du? Was macht dich zufrieden? Wie kannst du erreichen, dass der Zustand der Zufriedenheit häufiger auftritt und länger anhält?
Unseren Sehnsüchten nachzuspüren, lässt uns eine Menge über uns erfahren. „Selbstverwirklichung ist resilientes Verhalten! […] Wenn wir uns auf unsere Hoffnungen und Träume besinnen, geben wir unserer inneren Stärke Wurzeln.“[2]
Oft verlangt unser Leben von uns, dass wir uns an Veränderungen anpassen. Umbrüche können unsichere Verhältnisse mit sich bringen, dann sind Flexibilität und Offenheit für neue Impulse gefragt. Ungewohnte Situationen können selten mit den gewohnten Mitteln gemeistert werden, daher kann kreatives Denken helfen. Kreativität ist eine schöpferische Kraft, die dazu beiträgt, neue Perspektiven und originelle Lösungen zu entwickeln und eingefahrene, automatisierte Denkmuster und Handlungsweisen bewusst zu machen und zu durchbrechen. Optionales und produktives Denken konzentriert sich darauf, was wir tun können und was funktionieren könnte und hilft dabei, andere, bislang unentdeckte Wege zu finden, Strategien zu verändern und Hindernisse nach und nach zu überwinden.
Ob wir in unserem Denken, Handeln und unserer Wahrnehmung mehr auf Probleme oder auf Lösungen ausgerichtet sind, ist nicht nur eine individuelle Frage. Was uns täglich durch die Medien präsentiert wird, lässt eine gesamtgesellschaftliche Dominanz der Problemorientierung erkennen. Menschen, die sich engagieren und Probleme anpacken und Missstände beseitigen wollen, die sich für Ideen begeistern und Visionen teilen, werden nicht selten als unrealistisch und naiv belächelt. So scheint Lösungsorientiertheit zwar oft gefordert, aber dem gesellschaftlichen Trend kaum entsprechend. Wollen wir lösungsorientiert denken und handeln, heißt das oftmals, auch gegen den Strom zu schwimmen. Wir können die Sensibilität schulen, um einseitige Problemorientierung in Gesprächen und Beiträgen zu erkennen. Wir können dem Versuch, auf der Welle des Jammerns, Kritisierens und Schwarzsehens mitzuschwimmen, widerstehen. Und wir können uns um eine stimmige Balance bemühen, indem wir gezielt hervorheben, was an positiven Ansätzen und Veränderungen möglich wäre. Lösungsorientiertheit ist keine Technik, sie ist eine grundsätzliche Haltung, Prozesse weiterzuentwickeln.
Übung für mehr Lösungsorientiertheit
Ich möchte dir jetzt abschließend kurz die Gelegenheit geben, Spielräume für kreatives Denken zu öffnen und zu einem Thema möglichst viele unterschiedliche Lösungsmöglichkeiten zu finden:[3]
Denke jetzt an eine Angelegenheit, die dich gerade beschäftigt oder eine Aufgabe, die du vor dir hast:
– Welche Möglichkeiten fallen dir als erstes ein?
– Was könnte sonst noch funktionieren?
– Was hat bei anderen oder in anderen Fällen schon mal funktioniert?
– Was wird wahrscheinlich überhaupt nicht gehen?
– Auf welche Ideen würden andere Menschen kommen?
– Wie würde dein Vorbild das lösen?
– Was wäre eine wirklich verrückte, eine abwegige Lösung?
„Mit der Resilienz ist es wie mit dem Glück: Ein bisschen bekommt jeder als Geschenk mit auf den Weg, den Rest, das entscheidende „Mehr“, muss jeder sich selbst erarbeiten.“[4]
Wenn du dabei Unterstützung und Anregung und im Dialog die für dich passenden Antworten finden willst, freue ich mich sehr auf eine Begegnung mit dir in meiner Praxis, wo ich unter anderem individuelles Resilienztraining anbiete.
www.sita-balance.at
Literatur :
Gruhl, Monika: Resilienz. Die Strategie der Stehauf-Menschen. Krisen meistern mit innerer Widerstandskraft. Freiburg im Breisgau: Kreuz 2014.
Heller, Jutta: Resilienz. 7 Schlüssel für mehr innere Stärke. München: Gräfe und Unzer 2013.
Rampe, Micheline: Der R-Faktor. Das Geheimnis unserer inneren Stärke. München: Knaur 2005.
Weiterlesen? Hier geht es zu Säule 4: Selbstregulation
[1] Rampe: Der R-Faktor: S. 101.
[2] Rampe: Der R-Faktor: S. 107, S. 111.
[3] Vgl.: Gruhl: Resilienz: S. 203f.
[4] Rampe: Der R-Faktor: S. 19.
Fotocredits: pexels (1)
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