Tantra ist …
Claudia Winter ist akad. psychosoziale Gesundheitstrainerin, Sexualcoach und Tantratrainerin. Gemeinsam mit ihrem Mann Siegfried Winter führt sie das Studio YabYum in 1020 Wien, in dem Tantra Massagen, Tantra Seminare und auch eine Tantra-Trainerausbildung angeboten wird. “YabYum”steht in ihrem Fall für “Die Kraft der Berührung”.
Claudia Winter selbst über ihre Arbeit und diese berührende Kraft: “Jeder Mensch, der auf dieser Erde geboren wird ist ein Juwel, ein strahlender Diamant. Während des Erwachsenwerdens wird durch „gut gemeintes“ das meist auf Angst basiert, jeder kleine Edelstein in Seidenpapier, in Schleifchen und Päckchen gehüllt, Schicht um Schicht, sodass wir mehr und mehr vergessen haben warum wir hier sind. Ein Edelstein soll strahlen und das gebündelte Licht das in ihm wohnt nach aussen tragen. Dieser natürliche Glanz, der frei von persönlichen Vorlieben und Abneigungen ist, darf freigelegt werden.
Das Motto ist „sein um zu sein“ wir sind bereits etwas! Wissen wird dann zur Weisheit, wenn du es mit dem Herzen erfährst, wenn daraus deine persönliche Erfahrung entsteht. Nur weil du etwas weißt oder glaubst, dass etwas wahr ist, oder du etwas machst, nur weil es machbar ist, bist du noch nicht in der Lage wirklich zu handeln. Wenn du aber eine Wahrheit entdeckst und DEINE Taten mit der Hingabe DEINES Herzens ausführst, dann kann dich keine Macht dieser Welt von deinem Weg und deiner Wahrheit abbringen.
Die Basis für diese Wiederentdeckung der inneren Wahrheit, des Strahlens ist für mich die sexuelle Energie! Die Auflösung der Polaritäten ist nichts anderes als Sex. Sex bedeutet also die Zusammenführung zweier gegensätzlichen Pole, die ein Vielfaches Ganzes entstehen lassen und somit letztlich EINS sind. Auf diesem Weg zur natürlichen Nacktheit, der natürlichen Wahrheit möchten wir Menschen begleiten. Das ist YabYum, die Kraft der Berührung.”
Von Claudia Winter stammen die Tantra-Übungen, die wir in der aktuellen yoga.ZEIT vorgestellt haben. Vier dieser Übungen möchten wir auch hier präsentieren. Jede dieser Übungen möge mit Bedacht, Achtsamkeit, Respekt und Wertschätzung durchgeführt werden.
Tantra Übungen – Tantra ist …
1. Übung: Spiegelritual I – Tantra ist Begegnung
Bevor du jemand anderem begegnest, gilt es, dir selbst zu begegnen. Nimm also auf einem Sessel oder einem Kissen vor einem Spiegel Platz. Achte darauf, dass du angenehm und aufrecht sitzt. Atme durch den Mund, zunächst sehr tief und dann beruhige deine Atmung wieder. Betrachte den Menschen, der dir nun gegenüber sitzt, betrachte dich selbst mit liebevollem Blick und dann schau dir lange und tief in die Augen bis dein Blick gleichsam hinter deine Augen fällt. Bleib bei dir, bleib bei dem Menschen, den du dort – hinter deinen Augen – wahrnimmst, überlege, wie alt dieser Mensch ist (nimm wahr, welches Alter spontan kommt) und dann nimm diesen Menschen in Gedanken an der Hand. In weiterer Folge kannst du diese Übung auch zu zweit machen.
2. Übung: Spiegelritual II – Tantra ist Berührung
Was berührt dich? Wie wünscht du dir Berührung?
Nimm wieder auf einem Sessel oder einem Kissen vor einem Spiegel Platz. Berühre dich nun selbst, langsam, achtsam und bleib bei deiner Wahrnehmung in den Fingerspitzen. Streichle deine Lippen und nimm wahr, was oder wie du sie fühlst. Nachdem du sie für dich ausreichend gefühlt hast, sprich eines der wichtigsten Mantras – deinen Namen.
Dann weiter geh weiter zu deiner Brust, nimm auch diese mit Fingerspitzengefühl wahr und nachdem du damit fertig bist, sprich wieder deinen Namen. Geh danach weiter zu deinem Bauch und wenn du deinem Bauch ausreichend begegnet bist, sage erneut deinen Namen. Wandere weiter zu deinem Geschlecht, berühre dieses, entdecke es, wobei es nicht darum geht, einen Orgasmus zu erleben, sondern vielmehr, deine Lust zu erleben.
Am Ende sprich wieder deinen Namen und atme tief ein und aus. Auch diese Übung kann als Partnerübung durchgeführt werden, wobei der Partner dich berührt und du deinen Namen aussprichst und umgekehrt.
3. Übung: Einander zuhören – Tantra ist offene Kommunikation
Diese Übung wird zu zweit und in drei Runden durchgeführt. Als Warm-up sitzt man sich in einer angenehmen Distanz mit gegrätschten Beinen gegenüber, fasst einander an den Händen und beginnt zu kreisen – gute 10 min. Nach dem Warm-Up sitzt man sich bequem gegenüber und stellt in die Mitte eine Kerze.
1. Runde: Der Mann beginnt möglichst zu beschreiben, was er sieht – nur nach Fakten, z. B. „Ich sehe zwei braune Augen, ich sehe zwei Augenbrauen, die etwa zwei cm auseinander liegen, ich sehe ein Muttermal auf der rechten Wange etc. Bitte keine Interpretation, nur Fakten. Die Frau hört nur zu.
Danach atmen beide Partner aus, legen sich für etwa 5 min. auf den Rücken, kommen wieder ins Sitzen und die Frau beschreibt, was sie sieht. Der Mann hört nur zu. Wenn die Frau zu Ende gesprochen hat, dann legen sich wieder beide für 5 min. ab und kommen wieder zurück ins Sitzen.
2. Runde: Der Mann beschreibt, was ihm an der Frau gefällt oder nicht gefällt. Ohne Rechtfertigung oder Interpretation, z. B. „Mir gefällt, dass du dir manchmal die Haare hochsteckst, es gefällt mir nicht, wenn du deinen roten Pullover anhast, mir gefällt dein verschmitztes Lachen, es gefällt mir nicht, wenn du zu spät kommst, wenn wir verabredet sind etc.“ Die Frau hört nur zu. Danach atmen beide Partner aus, legen sich für etwa 5 min. auf den Rücken, kommen wieder ins Sitzen und die Frau ist an der Reihe. Der Mann hört nur zu. Wenn die Frau zu Ende gesprochen hat, dann legen sich wieder beide für 5 min. ab und kommen wieder zurück ins Sitzen.
3. Runde: Der Mann beschreibt, was ihm gefällt oder nicht gefällt und wie es ihm dabei geht bzw. was er dabei fühlt und interpretiert, z. B. „Es gefällt mir, dass du morgens meist den Kaffee machst, weil ich mich dadurch umsorgt fühle. Es gefällt mir nicht, wenn du meine Art, mich anzuziehen kritisierst, weil es mir das Gefühl gibt, ein kleiner Junge zu sein etc.“ Die Frau hört nur zu. Danach atmen beide Partner aus, legen sich für etwa 5 min. auf den Rücken, kommen wieder ins Sitzen und die Frau ist an der Reihe. Der Mann hört nur zu. Wenn die Frau zu Ende gesprochen hat, dann legen sich wieder beide für 5 min. ab und kommen wieder zurück ins Sitzen.
Ganz wichtig: Keine Rechtfertigung! Kein Fragen! Es geht darum, auszusprechen was ist bzw. was wie empfunden wird. Frühestens nach zwei Tagen darf über die Übung gesprochen werden und das in einer wertschätzenden Form.
4. Übung: Alle 5 Sinne – Tantra ist Sinnlichkeit
Wir können alles tantrisch machen, denn tantrisch bedeutet: Mit allen Sinnen! Der Alltag ist voller Erlebnisse, die es uns möglich machen, unsere Sinne zu schärfen. Das nächste Mal, wenn du eine Tasse Tee trinkst, trinke mit allen Sinnen. Nimm die Teetasse in die Hand und fühle, wie warm sie ist. Schau dir den Tee genau an – welche Farbe er hat, welche Spuren er vielleicht an der Tasse hinterlässt. Riech an ihm, schließ die Augen und schau, welche Bilder dir kommen. Höre, wie das klingt, wenn du den Tee trinkst. Schmecke, welche Geschmacksnoten er entfaltet. … Lebe und erlebe deine Sinne. Gemeinsam mit dem Atem erinnern sie dich am besten an das Hier und das Jetzt.