Was nährt dich wirklich? Eine gute Frage angesichts dessen, dass wir sehr oft, zu oft essen, ohne wirklich Hunger zu haben. Doch was tun bei emotionalem Hunger? Wie erkennst du ihn? Wie gehst du sinnvoll mit ihm um? Darüber schreibt hier Franziska Krusche.
Zur Schokolade greifen bei Liebeskummer; kurz mal was snacken um ein Arbeitstief zu überbrücken? Neben dem physischen Hunger gibt es für viele von uns eine Reihe anderer Gründe zu essen. Vor allem bei Stress und in Momenten der Langeweile nehmen wir gerne Lebensmittel zu uns, die unangenehme Empfindungen regulieren sollen. Egal ob süß, salzig oder herzhaft – Hauptsache wir fühlen uns zumindest für den Moment besser.
Emotionaler Hunger – Essen ohne satt zu werden
Während im Zusammenhang mit einem abnormalen Essverhalten lange von Essstörungen gesprochen wurde, findet heutzutage der Begriff “Emotionaler Hunger” schon eher Anklang. Zum einen, weil Anorexie, Bulimie oder auch Binge Eating eher Extreme von Essstörungen beschreiben und somit einen Großteil der Menschen aussparen; zum anderen weil dieses Thema leider noch immer sehr schambehaftet ist. Letzteres erklärt, warum sich viele Menschen mit diesem Thema nicht identifizieren wollen und das obwohl es weit aus mehr von uns betrifft, als wir häufig annehmen.
Wie der Name “emotionaler Hunger” schon verrät liegen im Auslöser zu Grunde, die ihren Ursprung in unserer emotionalen Welt haben. Vor allem unangenehme Empfindungen wie Stress, Trauer, Sorgen, Langeweile sowie Ärger, Frustration, Schlafmangel oder Einsamkeit lassen uns schnell zum Essen greifen. Im Gegensatz zum physischen Hunger tritt der emotionale Hunger ohne Vorwarnung in all seiner Intensität auf. Stichwort Heißhunger. Von einer Sekunde zur nächsten ereilt uns die unbändige Lust zu essen. Am liebsten greifen wir hierbei zu ungesunden Snacks, die uns ein Gefühl der inneren Schwere vermitteln und uns kurzzeitig betäuben.
Während sich der physische Hunger nach einer gesunden Portion von alleine einstellt, scheint der emotionale Hunger wie ein bodenloses Fass zu sein. Wir glauben, weiter essen zu müssen und das obwohl sich der Bauch unangenehm aufspannt und die Hose plötzlich viel zu klein zu sein scheint. Doch warum ist das eigentlich so?
Es steht außer Frage, dass der Drang emotional zu essen real ist. Die Ursachen gehen jedoch weitaus mehr in die Tiefe als das rein physische Bedürfnis nach Nahrung. Emotionaler Hunger wird auch vermehrt als seelischer Hunger beziehungsweise spiritueller Hunger bezeichnet. Der starke Drang zu essen entspringt nicht unserem Körper sondern unserer Seele. Auch wenn es zunächst unglaubwürdig erscheinen mag, so ist es in Wirklichkeit unsere Seele, die auf sich aufmerksam macht. Es ist ihre Art und Weise uns mitzuteilen, dass wir in Momenten des emotionalen Essdrangs nicht im Einklang mit uns selbst leben. Sobald wir unseren wahren Bedürfnissen, unseren Seelenwünschen nicht nachkommen, macht sich dies durch den emotionalen Hunger bemerkbar.
Ein Fluch? Nein, vielmehr ein Segen: Denn der Versuch diesem Hunger auf die Schliche zu kommen bedeutet einem Leben im inneren Gleichgewicht näher zu kommen. Aber wie?
Nahrung für die Seele
Wer regelmäßig Yoga übt, wird festgestellt haben, dass sich jegliches Hungergefühl unmittelbar nach der Praxis auf ein angenehmes Niveau reduziert. Durch die Abfolge verschiedener Körperhaltungen in Kombination mit gezielter Atmung und beruhigten Gedanken können Körper, Geist und Seele ins Gleichgewicht gebracht werden. Wir erleben ein sanftes Wohlgefühl, ein angenehmes Körpergefühl, das uns auf allen Ebenen nährt. Das Bedürfnis emotionale Zustände des Ungleichgewichts mit Essen zu regulieren, kann sich dadurch ganz von alleine einstellen. Doch nicht nur das! Wir erleben darüberhinaus einen ganz neuen Zugang zum Essen: Dieser Zustand der inneren Balance ermöglicht es uns, unsere Nahrung intuitiv auszuwählen. Wir entscheiden was und wieviel wir essen genau in den Momenten in denen unser Körper Nahrung benötigt.
7 Tipps im Umgang mit emotionalem Hunger:
1. Zeit mit dir
Verbringe die ersten Momente des Tages mit dir selbst. Gehe gedanklich alle bevorstehenden Ereignisse durch, identifiziere mögliche Hürden und überlege dir auch, an welcher Stelle du gezielt Mahlzeiten einlegen kannst.
2. Glaubensätze lösen
Du glaubst noch immer daran, dass eine Diät dich weiterbringen wird? Identifiziere limitierende Glaubenssätze, löse dich sanft von ihnen und vertraue auf die Stimme deines Körper. Iss, wenn du physisch hungrig bist; das, wozu du Lust hast; bis du angenehm gesättigt bist.
3. Sammle dich vor dem Essen
Überlege dir 2-3 Sätze, die du vor jeder Mahlzeit in Ruhe für dich aufsagst. Dein Mantra wird dir helfen, deine Gedanken vor dem Essen zu beruhigen.
4. Nimm Hunger & Sättigung wahr
Hunger und Sättigung sind zwei Seiten eines Spektrums. Beobachte, wie sie während des Essens und zwischen den Mahlzeiten ineinader übergehen. Iss idealerweise, bevor dein Magen zu knurren beginnt und höre auf zu essen, bevor sich ein unangenehmes Völlegefühl einstellt.
5. Tu dir Gutes
Ich Zeit: Nimm dir regelmäßig eine Auszeit, in der du von Herzen entscheidest, was dir in diesem Moment gerade gut tut. Vielleicht eine Massage, ein entspannendes Bad oder ein neues Buch?
6. Bewegung ohne Leistungsdruck
Bewege dich regelmäßig ohne dich dabei zu überfordern. Yoga bietet eine wunderbare Möglichkeit, dein Stresslevel auf einem Minimum zu halten um Körper, Geist und Seele auf allen Ebenen zufrieden zu stellen.
7. Atmen
Schließe deine Augen und atme ein paar Mal tief ein und wieder aus; beruhige deinen Geist und komme an deinen inneren Ort, an dem du all deinen Stress fallen lassen kannst.
Solltest du noch nicht vertraut sein mit dieser Praxis oder mit Yoga, dann schau dich in deiner Nähe nach einem geeigneten Studio um. Hier kannst du die Kunst des Yoga erlernen, um langfristig zu jeder Zeit auch jenseits deiner Matte wieder zu dir zu kommen. Denn: Dein Wohlfühlort ist stets nur ein paar Atemzüge von dir entfernt!
Über die Gastautorin:
Franziska Krusche ist leidenschaftliche Yogalehrerin mit akademischem Hintergrund in Psychologie. Nach dem Anschluss ihres Studiums zog es sie nach Indien, wo sie nun seit über 2 Jahren mit ihrem Mann und Hund lebt. Als Gründerin von theheartofbalance fokussiert sie die Behandlung von emotionalen Essstörungen durch Yoga. Ihr eigener Heilungsweg ermöglicht es Franziska, die Problematik von innen heraus zu verstehen und ihren Schülern praktische Tipps an die Hand zu geben, die sie in ihren Workshops “Yoga & Emotionaler Hunger” weltweit lehrt: www.theheartofbalance.com
Fotocredit: created by Mrsiraphol – Freepik.com
yoga.ZEIT übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Die Inhalte dieser Plattform dienen zu informativen Zwecken in redaktioneller Art und Weise und stellen somit keine Heilaussagen oder Versprechen zu Behandlungserfolgen und dergleichen dar.