Über die Kraft des inneren Zustands, eine Axt und ein besonderes Morgenritual
Gleich geht es los: 300 bis 400 Grad sind die glühenden Kohlen heiß, über die ich in wenigen Augenblicken laufen werde. In meinem Geist kein Funken von Zweifel. Ich höre mich selbst „Yeees!“ schreien – gemeinsam mit 7.000 anderen Menschen, die nachts in den Docklands, der Hafengegend von London, ihrem Feuerlauf entgegenfiebern.
An diesem Abend bin ich Teil eines Seminars von Tony Robbins, der das Ritual des Feuerlaufes nutzt, um seinen Teilnehmer/innen die Macht des inneren Zustands nicht nur vor Füße, sondern vor allem vor Augen zu führen.
Allein mit Deiner richtigen inneren Ausrichtung kannst du nämlich nicht nur über glühende Kohlen laufen. Es gibt nichts, gar nichts, das dich stoppen kann. Es gelingt dir, die Qualität deines Lebens radikal zu verbessern; du erfährst Freude, Liebe und Glück in einer niemals zuvor erlebten Intensität. Verrückt. Das denken sich jetzt vielleicht einige von euch. Möglich. Das glaube ich und weiß ich.
In diesem Artikel erfährst du zum einen, warum viele Menschen daran scheitern, ihren inneren Zustand zu meistern, und sich stattdessen ohnmächtig, frustriert und gestresst fühlen. Zum anderen möchte ich dir meine persönlichen Tipps mitgeben, wie es dir gelingt, dich deinem inneren Zustand anzunehmen und dein Leben Tag für Tag zu verbessern. Und keine Sorge: Du musst dafür nicht über glühende Kohlen laufen …
Der Irrtum
Kennst du die Geschichte vom fleißigen Holzfäller? Dieser stand als Lehrling kurz vor seiner Abschlussprüfung und sollte eine Woche lang sein Können unter Beweis zu stellen.
Frühmorgens stand er auf und fällte 12 Bäume. Nicht schlecht, dachte er sich. Doch morgen sollen es mehr sein. Am nächsten Tag fällt er – obwohl er schon bei Sonnenaufgang im Wald war – jedoch nur 9 Bäume. Verärgert beschloss er daraufhin, am darauffolgenden Tag nur noch früher zu beginnen, mit dem Resultat, dass er einzig und allein 3 Stämme zu Fall brachte. Frustriert klagte er dem Meister seinen Ärger: „Ich arbeite so hart. Doch trotzdem fällt mir das Bäumefällen immer schwerer.“ Der Meister reagierte mit einer einzigen Frage: „Wann hast du das letzte Mal Zeit genommen, deine Axt zu schleifen?“
Was Stress mit uns macht
Schmunzelst du jetzt? Denkst du dir „So blöd bin ich doch nicht.“? Häufig genug verhalten wir uns allerdings genauso wie dieser scheinbar fleißige Holzfäller; nämlich immer dann wenn wir im Außen tun und tun und tun und es versäumen, uns um unser Inneres zu kümmern. Unsere Axt, das sind unser Geist und unsere Gefühle, die wir tagtäglich schleifen sollten …
Vielleicht kennst du Tage, an denen es nicht so läuft, wie du es dir vorstellst: Anstatt tief durchzuatmen, schaltest du einen Gang rauf, erhöhst das Tempo und begehst – verkrampft und unkonzentriert – noch mehr Fehler, über die du dich dann später wieder unfassbar ärgern wirst.
Stress wirkt auf allen Ebenen: Er zieht deinen Körper zusammen, sorgt für Verspannungen, schlechteren Schlaf und eine beleidigte Verdauung. Er raubt dir Energie, die du so dringend für alle deine Herzensangelegenheiten brauchst. Und er sorgt dafür, dass deine Gefühle und Gedanken in eine negative, unproduktive Richtung abdriften.
Fallen statt Fällen
Das Seltsame hier: wir wissen das! Vor allem Yogi/nis wissen um die Negativ-Wirkung von Stress, wissen darum, dass es sich positiv auswirkt, wenn wir uns um unsere innere Einstellung kümmern. Aber wie nur, wie nur kommt es, dass wir trotz aller Om-Gesänge, Durchatmer und Asanas trotzdem in Stressfalle tappen. Hier meine Theorien dazu:
- Innere Antreiber: Wir leben in einer Gesellschaft, in der Nichts-Tun überwiegend negativ besetzt ist und mit Faulheit gleichgesetzt wird. Davon zeugen viele bekannte Sprichworte wie „Wer rastet, der rostet“ oder „Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen“. Irgendwann brauchen wir gar keine Stimme mehr von außen, die uns dazu auffordert, uns zu beeilen, schneller zu machen, uns mehr anzustrengen. Diesen Job übernehmen dann innere Antreiber, innere Stimmen, die Dich zu mehr Leistung, Freundlichkeit, Geschwindigkeit und Perfektion anreiben.
- Opfer der eigenen Gefühle: Viele Menschen erleben sich nicht als schöpferische Wesen, die ihren eigenen inneren Zustand beeinflussen können, sondern erfahren ihre Gefühle als Reaktion auf Ereignisse der Außenwelt. Sie fühlen sich glücklich, wenn es ihnen materiell gut geht und sie erfolgreich im Job sind (sie mehr Bäume fällen können). Sie fühlen sich geliebt, wenn sie durch einen anderen Menschen entsprechende Bestätigung erfahren. Damit machen sie sich selbst zum Opfer äußerer Umstände.
- Sich selbst nicht mehr spüren: Gestresst zu sein, ist im Grunde genommen eine Meisterleistung, denn Dein Körper ist intelligent und hat Dich im Grunde mit einem hochintelligenten Frühwarnsystem ausgestattet. Bist du hungrig, will dein Körper Nahrung. Bist Du müde, brauchst Du Schlaf. Und bei Erschöpfung wäre es Zeit, deinen Akku mal wieder aufzuladen. Erst die Trennung von Körper, unseren Gefühlen und der Stimme unserer Intuition ermöglicht es uns, Stress zu empfinden, also gegen unsere tatsächlichen Bedürfnisse zu handeln. Wir spüren vielleicht, dass wir müde, erschöpft und frustriert sind. Doch anstatt daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen und uns sofort um unseren inneren Zustand zu kümmern, versuchen wir, durch noch mehr Anstrengung eine Veränderung im Außen zu erzielen, weil wir dies als einzigen Weg (siehe Punkt 2) erlebt haben, um unsere Gefühle zu verändern.
Warum es zählt, wie du dich fühlst
Wenn es etwas gibt, das ich in den vergangenen Jahren durch Yoga gelernt habe, dann ist es die Tatsache, dass ich der Schöpfer meines inneren Zustands bin und ihn aktiv beeinflussen kann. Du bist nicht abhängig von Ereignissen in der Außenwelt, um dich glücklich, dankbar, freudig oder was auch immer zu fühlen. Wenn du es schaffst, diese Gefühle zu meistern, kannst du durch die Harmonie in deinem Inneren auch Harmonie im Außen herstellen, beispielsweise eine glückliche Beziehung führen, Erfolg im Beruf haben etc.
Die Frage, wie wir unsere eigene Wirklichkeit konstruieren, beschäftigt interdisziplinär verschiedene Wissenschaften. Filme wie „The Secret“, „What the bleep do we now“, „The Shift“ und „Awake“ geben beeindruckende Einblicke in die schöpferische Kraft unserer Innenwelt. Das einseitig materialistische Weltbild gerät durch die Erkenntnisse der Quantenphysik ins Wanken. Auch NLP (kurz für Neurolinguistisches Programmieren) geht davon aus, dass wir die Welt nicht so erleben, wie sie wirklich ist, sondern als Spiegel unseres Innenlebens, d. h. unserer Glaubenssätze, Überzeugungen und unseres aktuellen Zustands. Und je nachdem, ob du Dich gerade in einem ressourcenvollen Zustand befindest oder nicht, hast du mehr oder weniger Handlungsmöglichkeiten.
Innere Zustands-Strategien
Wie schaffst du es nun, konkret deinen inneren Zustand zu meistern und die Axt von Gefühlen und Gedanken zu schleifen? Dazu gibt es ganz unterschiedliche Strategien. Ich selbst praktiziere regelmäßig Yoga und Meditation. Berührung und Thai Yoga Massage sind für mich der Königsweg zur Entspannung. Gleichzeitig liebe ich es, Spaziergänge zu machen, zu meinem Lieblingslied abzutanzen oder mich mit mir wichtigen Menschen zu umgeben.
Weniger wichtig als die konkrete Technik, die du nutzt, ist deine Fähigkeit, dich selbst zu spüren. Um es nicht soweit kommen zu lassen, dass du mit ungeschliffener Axt vergeblich versuchst, Bäume zu fällen, d.h. versuchst, in einem nicht ressourcenvollen Zustand schwierige Aufgaben zu erledigen, gönne Dir regelmäßig kleine Pausen
4-Schritte-Morgenritual
Dem Morgen kommt besondere Bedeutung zu, wenn es darum geht, einen positiven und kraftvollen inneren Zustand zu erreichen. Wie die erste, goldene Stunde eines Tages verläuft, bestimmt meiner Erfahrung nach die Grundqualität des Tages. Deshalb habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, mir diese Zeit des Tages zu „schenken“.
Mein derzeitiges persönliches Morgenritual stammt von meinen Seminarerfahrungen in London mit Tony Robbins. Noch bevor ich meditiere, Yoga übe, frühstücke oder irgendetwas anderes tue, starte ich im Zeitraum von ca. 15 Minuten mit 4 Schritten in den Tag.
- 1. Schritt: Feueratem: Drei Runden Feueratem (Kapalabhati), jeweils 30 Sekunden mit anschließender kurzer Pause. Bei dieser Stoßatmung konzentriere ich mich nur auf die Ausatmung. Die Einatmung erfolgt automatisch. Kapalabhati verändert die Physiologie des Körpers und sorgt durch die erhöhte Versorgung der Zellen mit Sauerstoff für einen klaren und kraftvollen Geisteszustand.
- 2. Schritt: Herzverbindung: Als nächstes lade ich die Gefühle ein, die ich gerne erleben möchte. Dazu lege ich meine rechte Hand auf mein Herz und erinnere mich an drei konkrete Situationen in meinem Leben, für die ich tief dankbar bin. Ich tauche mit allen Sinnen in diese Erinnerungen ein und flute mein Herz mit den Gefühlen von Liebe, Dankbarkeit, Freude oder dem, was in der Situation gespürt habe.
- 3. Schritt: Erdung & göttlicher Segen: In diesem Schritt verbinde ich mich in meiner Vorstellung mit Himmel und Erde. Ich spüre in meine Füße hinein, stelle mir vor, dass Wurzeln durch meine Füße tief in die Erde hineinreichen. Ich stelle mir vor, dass eine große und dicke Wurzel durch die Mitte meiner Wirbelsäule, durch mein Wurzelchakra, bis tief in die Erde hinein bis zum Herz von Mutter Erde reicht. Ich stelle mir vor, wie ich in meiner Lieblingsfarbe Energie aus der Erde ziehe und durch die Wurzeln in meinen Körper aufsteigen lasse (zu diesem Teil, wurde ich durch die MFL-Erdungsübung inspiriert). Anschließend lasse ich durch die Krone des Kopfes weißes, göttliches Licht in mich einströmen. Dieses Licht gibt mir ebenfalls Energie, kann Körper, Geist und Seele heilen und Blockaden auf physischer, energetischer oder geistig-emotionaler Ebene hinwegspülen. Ich bade meinen Körper in Energie und spüre die Anbindung zum Himmel und zur Erde. Ich verschenke die Energie, indem ich mir vorstelle, dass ich den göttlichen Segen weitergeben kann: An Menschen, die mir nahestehen und die ich liebe, Personen, die es gerade benötigen, und alle lebendigen Wesen.
- 4. Schritt: Zielvisualisierung: Für den letzten Teil lege ich meine rechte Hand wieder auf mein Herz. Jetzt visualisiere ich drei Situationen in der Zukunft, von denen ich mir wünsche, dass sie so geschehen werden, und tauche erneut in das Gefühl ein. Diese Situationen können aus unterschiedlichen Lebensbereichen kommen – Erfolgsmomente im Beruf, erfüllte Augenblick in der Beziehung oder in Situationen, in denen Du Dich einfach glücklich und wohl in Deinem Körper fühlst.
Für all das, was hier sehr ausführlich beschrieben steht, brauche ich wie gesagt nicht länger als 15 Minuten pro Tag. Dafür mache ich es täglich, denn es macht einen entscheidenden Unterschied, wie ich mich anschließend fühle.
Und nun bleibt mir, dir viel Freude auf dem Weg deines Axt-Schleifens zu wünschen. Danke für deine Aufmerksamkeit und lass mich gerne wissen, wie es dir dabei geht.
Literaturtipps:
Tony Robbins: Grenzenlose Energie. Das Power Prinzip
Tony Robbins: Das Robbins Power Prinzip
Fotocredit: Background image created by Freepik
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Über den Autor:
Tobias Frank Lehrer, Body Worker und Autor des Buches “Thai Yoga – Körper & Seele berühren”. Kostenlose Leseprobe und den Gratis Videokurs “Loslassen leicht gemacht” findest du auf www.thaiyoga.de
yoga.ZEIT übernimmt keinerlei Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Die Inhalte dieser Plattform dienen zu informativen Zwecken in redaktioneller Art und Weise und stellen somit keine Heilaussagen oder Versprechen zu Behandlungserfolgen und dergleichen dar.
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