Mit bewusster Lebens- und Ernährungsweise Wechseljahre-Beschwerden lindern und vorbeugen.
Die Wechseljahre kennzeichnen einen neuen Abschnitt im Leben einer Frau. Die häufigen Begleiterscheinungen machen vielen Frauen jedoch Beschwerden, da durch die hormonelle Umstellung des Körpers eine Reihe somatischer und psychosomatischer Befindlichkeitsstörungen auftreten können. Die enge Verbindung des Hormonsystems mit dem vegetativen Nervensystem kann die Situation noch verstärken. Rund 75 Prozent aller Frauen unseres Kulturkreises leiden unter klimakterischen Symptomen. Aufgrund zahlreicher Nebenwirkungen in der Hormontherapie suchen viele Frauen Beschwerdelinderung in nebenwirkungsfreien, komplementären Methoden. Ayurveda sieht jedoch nur indirekt den Wechsel im Hormonsystem als auslösenden Faktor, welcher die unerwünschten Symptome erzeugt. Vielmehr wird eine Vielzahl an Ungleichgewichten im Energiefluss, entstanden durch unachtsame Lebensweise und Ernährung, angenommen.
Zeit für Neuorientierung
In den Wechseljahren erfährt die Frau grundlegende Veränderungen im energetischen Zusammenspiel ihrer Kräfte. Sie stellen eine umfassende Neuorientierung der körperlichen, geistigen und seelischen Natur dar. Nach ayurvedischem Verständnis ist die Frau Sinnbild der Schöpfung. In den Wechseljahren wird zunehmend das Element Luft im Körper dominierend, was zu geistiger Sensibilität und einer Öffnung für spirituelle Aspekte des Lebens führt. So offenbart sich die weibliche Vollendung in diesem neuen Lebensabschnitt mit einem über einige Jahre dauernden Reife- und Transformationsprozess.
Aus ayurvedischer Sicht entsteht die Beschwerdesymptomatik als Ausdruck von Störungen im Regulationssystem, die hormonelle Umstellung in einem harmonisch-dynamischen Gleichgewicht zu vollziehen. Die ayurvedische Frauenheilkunde bietet eine hilfreiche Unterstützung an, die gestörte Regulation zu harmonisieren. Die Hauptsäulen liegen in der Harmonisierung der Doshas, durch entsprechende Empfehlungen für Ernährungs- und Lebensstiländerungen, regelmäßige Atemübungen, Yoga, Ölmassagen und Einnahme von natürlichen, pflanzlichen, verjüngenden und immunstärkenden Mitteln. Dabei liegt das therapeutische Ziel in der Reduktion der Feuerenergie Pitta und einer Harmonisierung der Bewegungsenergie Vata, um den energetischen und körperlichen Kräfteaustausch beschwerdefrei zu vollziehen. Ayurveda legt den Schwerpunkt jedoch besonders in die Prophylaxe. Dem Klimakterium geht eine jahrelange Übergangsphase voraus, und so können Frauen ab dem 20. Lebensjahr durch Prävention dafür sorgen, die Doshas im Gleichgewicht zu halten, um diesen Reifungsprozess harmonischer zu erleben.
„Die Wechseljahre bedeuten nicht einfach das Ende der fruchtbaren Jahre (…), die so oft als das Beste im Leben einer Frau angesehen werden. Sie sind die Zeit, in der sich eine Frau um ihre Gesundheit kümmert und die Veränderungen vollzieht, die sie dann durch die zweitbesten Jahre ihres Lebens tragen.“
(aus Energiemedizin für Frauen, Donna Eden, 2009)
Eine konstitutionsbestimmte und beschwerdelindernde Ernährung, welche die Grundlage eines persönlichen Ernährungskonzeptes darstellt, wird im Ayurveda auf die körperliche und psychische Konstitution, den gegenwärtigen Gesundheitszustand und auf die individuelle Funktionsweise des Stoffwechsels abgestimmt. Diesen Bedarf zu ermitteln, bedarf es der diagnostischen Auswertung durch einen erfahrenen Ayurvedapraktiker.
Leichtigkeit & Ruhe – Hilfe bei psychovegetativen Symptomen und Trockenheit der Schleimhäute
Besonders bei Frauen mit einer Vata-Konstitution sind die Wechseljahre eine große Herausforderung. Je mehr sich davon in der angeborenen Konstitution oder als Störung schon vor den Wechseljahren manifestiert hat, desto stärker wird auf die Umstellung reagiert.
Psychovegetative Symptome wie Erschöpfung, Ängste, Unruhe, Panik-Attacken, extreme Sensibilität, starke Stimmungsschwankungen, Schlaflosigkeit, Migräne oder Kältegefühle und eine vermehrte Trockenheit der Schleimhäute werden durch ein Vata-Ungleichgewicht ausgelöst, da dieses Dosha das Nervensystem stark beeinflusst und die Körpergewebe austrocknet. Vata steht für Bewegung, Ungleichgewicht und Wechselhaftigkeit, und so wie Wind Feuer anfacht, kann Vata provozierendes Verhalten konstitutionelle Schwächen verstärken.
Um die trockene, bewegliche Vata-Konstitution zu harmonisieren, sollte Nahrung mit den Eigenschaften leicht, warm, weich, feucht, beruhigend und nährend zugeführt werden. Dabei sind die Geschmacksrichtungen süß, leicht sauer, leicht salzig und leicht scharf empfehlenswert. Eine Ernährung aus viel süßem, gekochtem Wurzelgemüse, Fenchel, Auberginen und saftigem, mit Ghee zubereitetem Getreide und gedünsteten Früchten wirkt auf alle Sinne besänftigend. Wärmende Gewürze wie Zimt, Nelken, Anis sowie Ingwertee mit Milch und Honig sind wohltuend für den Kreislauf und beruhigen angespannte Nerven. Täglich ein Glas frisch gepresster Orangen- oder Ananassaft führt dem Stoffwechsel die nötige Feuchtigkeit zu.
Alle schwer verdaulichen Speisen wie Hülsenfrüchte, Kohlarten und Paprika, trockene Substanzen wie Hirse, Bohnen, Knäckebrot, bittere Gemüse und Gewürze, herbe Kräuter und Rohkost sind zu vermeiden. Diese verstärken die Beschwerden und vermehren Vata, das in den Wechseljahren ohnehin zunimmt. Auch Schokolade ist wegen seiner anregenden Eigenschaft ungeeignet.
Da eine Vata-dominierte Persönlichkeit stark vom Zustand des Nervensystems bestimmt wird, sind alle psychischen Vata-Verstärker wie Ängste, Leistungsdruck, auch im sexuellen Sinne, und Anspannung zu reduzieren. Eine ruhige, stressfreie Lebensweise, Meditation und Yoga, ein regelmäßiger Tages- und Essensrhythmus und eine harmonische Atmosphäre sind zu empfehlen. Wohltuende Berührungen, intime Begegnungen und Ölmassagen oder entspannende Ölbäder werden als Stoffwechsel anregend und zum Ausgleich der erhöhten Vata-Energie empfohlen. So kann der Organismus neue Kraft gewinnen und sich stabilisieren.
Cool down – Hilfe bei starken Hitzewallungen
Beschwerden die aus einem gestörten Pitta-Dosha resultieren, sind eine Auswirkung des sich umstellenden Hormonsystems. Die dominante Pitta-Kraft flammt immer wieder mit starken Hitzeschüben auf, wodurch überschüssige Pitta-Anteile „verbrannt“ werden. Für diese Beschwerden sind vor allem Frauen mit einer Pitta-Konstitution anfällig. Brennende Gefühle auf der Haut und im Unterleib, Schwitzen, gerötete Augen, erhöhte Sensibilität gegen körperliche und psychische Reize und ein erhitztes Gemüt können dazu begleitend auftreten.
Die ausgleichenden Eigenschaften kühl, mild, feucht und nährend mit den Geschmäckern süß, bitter und herb beruhigen und entsäuern den erhitzten Stoffwechsel. Die Nahrung soll viel flüssige Substanz enthalten, um das heiße Element zu kühlen. Ideal sind frische Salate, Rohkost und knackig gedünstetes Wurzel- und grünes Blattgemüse. Vollwertige Getreide- und Eiweißprodukte, herbe, süße Kräuter und Gewürze sowie wasserhaltige, süße Früchte bieten den idealen Ausgleich für das feurige Element. Als Zwischenmahlzeit empfehlen sich süße Früchte wie Melonen, Trauben, Bananen oder Gurken, die das kühle Wasserelement enthalten. Als Getränke werden Kräutertee mit kühlenden Substanzen wie Fenchel, Koriander oder Frauenmantel empfohlen. Zu vermeiden sind alle erhitzenden Substanzen wie scharfe Gewürze, saures Obst und salzige, trockene Nahrungsmittel, kohlensäurehaltige Getränke und zu spätes Abendessen.
Zum energetischen Ausgleich der gestörten Pitta-Energie empfiehlt sich eine stressfreie Lebensweise, das Meiden von Hitze, Spaziergänge im Wald, das Tragen von Perlen, ein kühlendes Fußbad vor dem Schlafengehen sowie eine Kopfmassage mit Kokosnussöl, um den gesamten Organismus zu kühlen und zu entsäuern. Die aus dem Gleichgewicht geratenen, überschießenden Emotionen können mit Atemübungen und ausreichendem Sport harmonisiert werden. Auch in der Lebensphase zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr sollte besonders auf eine Pitta ausgleichende Ernährung in Bezug auf die bevorstehenden Wechseljahre geachtet werden, um Störungen dieses Doshas nicht zu manifestieren.
Anregendes & Bewegung – Hilfe bei Gewichtszunahme
Vorwiegend bei Frauen mit einer Kapha-Konstitution kann es durch die Hormonschwankungen zu einem Kapha-Ungleichgewicht mit Gewichtszunahme kommen. Dazu können noch eine Trägheit der Verdauung, extreme Hitze im Kopf, Wasseransammlungen, Lethargie und Depressionsneigung auftreten.
Empfohlen wird in diesem Falle eine strikte Kapha reduzierende Ernährung. Dazu eignen sich Nahrungsmittel, die leicht, warm, trocken, anregend und vom Geschmack her scharf, bitter und herb sind. Leicht verdauliche, frische oder gedünstete Kombinationen von bitterem, herbem Blattgemüse, Spinat, Mangold, Brokkoli, leichtem Getreide wie Gerste, herben Äpfeln und Birnen sowie scharfen Gewürzen und bitteren Kräutern helfen, Gewebe abzubauen. Sie verbessern nicht nur die Verdauung, sondern erhöhen auch das innere Feuer und die Motivation. Frisch gepresste Gemüse- und Kräutersäfte, als Aperitif getrunken, sind wegen ihrer erhitzenden Potenz ideal, den Stoffwechsel anzuregen. Süßes soll nur in Form von Honig zugeführt werden. Zu meiden sind alle schweren, feuchten, kalten, süßen, sauren und salzigen Substanzen. Fleisch und Milchprodukte sollen nur in geringem Ausmaß und getrennt von Fetten und Kohlenhydraten genossen werden, um das Verdauungssystem nicht zu belasten. Auch das Trinken zu den Mahlzeiten und der übermäßige Genuss von wasserhaltigen Früchten führen zu einer Fettansammlung im Gewebe.
Um den trägen Kapha-Stoffwechsel anzuregen, werden regelmäßiges Fasten und Entschlacken sowie täglicher Sport, viel Bewegung an frischer Luft und geistige Anregung empfohlen.
Starke Knochen – Hilfe bei Osteoporose
Ayurveda sieht im Abbau der Knochensubstanz eine jahrelange, vorangegangene Übersäuerung des Stoffwechsels und mangelnde Mineralstoff- und Kalziumzufuhr in der Ernährung. Dafür werden Frauen mit einer Vata- und Pitta-Konstitution als besonders anfällig beschrieben.
Vorwiegend Vata und etwas Pitta ausgleichende Ernährung mit proteinhaltigen Kalziumquellen, grünem Blattgemüse, Soja, Milchprodukten, Nüssen und Grüntee hilft, den Kalziumstoffwechsel des Körpers anzuregen. Vorbeugend sollten daher Vata und Pitta erhöhende Verhaltensweisen wie unregelmäßige Nahrungsaufnahme und Lebensweise sowie der Genuss von Zucker, rohem Fleisch, Alkohol, Kaffee und Weißmehlprodukten gemieden werden. Die Geschmacksrichtungen sauer und salzig sind sparsam einzusetzen, um kein Pitta-Ungleichgewicht mit Übersäuerung zu fördern.
Ein wöchentliches, zwanzigminütiges Sonnenbad mit Sonnenblumen- oder Weizenkeimöl stärkt nach ayurvedischer Lehre die Vitamin-D-Bildung und wirkt auf den Stoffwechsel harmonisierend. Als besonders wichtig wird ein regelmäßiges Bewegungsprogramm zur Stärkung des basischen Knochenaufbaus und der Stoffwechsellage betrachtet.
Immunstärkung – Hilfe als natürliches Anti-Aging
Im Ayurveda bildet die Immunstärkung eine tragende Säule zur Erhaltung der Lebensenergie. Den Rasayana, darunter werden pflanzliche Stärkungs- und Regenerierungsmittel verstanden, wird dabei eine wichtige Rolle beigemessen. Sie unterstützen den Stoffwechsel und versorgen den Körper mit wichtigen Nährsubstanzen zur Erneuerung von Gewebe und Stärkung der Lebensprozesse. Ihre herausragenden Eigenschaften liegen in den unterschiedlichen, sich gegenseitig ergänzenden und verstärkenden Substanzen, die einen großen Einfluss auf das hormonelle Gleichgewicht nehmen. Folgende Lebensmittel zählen aufgrund ihrer vitalisierenden, immunstärkenden und zellerneuernden Eigenschaften zu den Rasayana: Äpfel, Karotten, Rosinen, Datteln, Mandeln, Milch, Granatäpfel, Amla-Früchte, Cashewnüsse, Knoblauch, Honig und Safran. Diese Substanzen können jedoch nur dann ihre Kräfte entfalten, wenn sie in eine bewusste Ernährungs- und Lebensweise integriert sind. Sie helfen, die Bestandteile der Nahrung voll aufzuschließen, um die Essenz der Ojas entstehen zu lassen.
Freude am Essen, Lust am Genuss und eine ausgewogene Nährstoffbilanz machen eine gute Ernährung aus. Mit einer optimalen Zusammenstellung der Nahrungsmittel kann während der Wechseljahre die Gesundheit unterstützt werden. Dabei ist für alle Frauen zu empfehlen, in dieser Lebensmitte die eigenen Ernährungsgewohnheiten auf den Prüfstand zu stellen und der wandelbaren Zeit gelassen entgegenzusehen.
Über die Autorin:
Josefine Krenn, Akademische Expertin
DGKS, Dipl. Ayurveda-Praktikerin
Diplom der allgemeinen Gesundheits- und Krankenpflege 1994 am LK Amstetten.
Berufsbegleitend absolvierte sie 2009 das Studium zur akademischen Expertin für komplementäre Gesundheitspflege an der Donau-Universität Krems und zur Dipl. Ayurveda-Praktikerin an der Europäischen Akademie für Ayurveda in Birstein (D). Sie arbeitet freiberuflich als Ayurveda-Praktikerin in Scheibbs (NÖ). Bei ihrer Tätigkeit hat sich Krenn ganz den Bedürfnissen der Frau verschrieben. In ihrer Praxis bietet sie Ernährungs- und Lifestyle-Beratung, Massage für Frauen und andere energetische Körperarbeit an.
Kontakt: josykrenn@hotmail.com
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