“Gratuliere, Sie sind schwanger!“ – diesen Moment und die damit verbundenen aufwallenden Glücksgefühle vergisst man sein ganzes Leben lang nicht mehr. Doch der Schwangerschaftshimmel hängt nicht immer voller Geigen. Es folgen emotionale Achterbahnfahrten, Schwangerschaftsbeschwerden wie Übelkeit oder Rückenschmerzen, Stress im Job, denn schließlich müssen noch alle wichtigen Projekte abgeschlossen und der Karenzvertretung ordentlich übergeben werden, und Wohnung oder Haus sollten auch noch fürs Baby vorbereitet werden. Von Ultraschallbild zu Ultraschallbild wird Frau auch immer stärker bewusst, welch große Verantwortung sie für das neue Leben trägt, das in ihrer Mitte heranwächst. Eine Vorbereitung beider zukünftiger Elternteile auf die Schwangerschaft mittels Panchakarmas und einer aufbauenden Kräutertherapie (Rasayana) wäre sinnvoll, um den „Boden“ für das neue Leben optimal vorzubereiten.
Gemäß der Lehre des Ayurveda ist die Grundkonstitution des Kindes bereits bei der Zeugung festgelegt, und die Zeugung selbst gilt als heiliger Moment. Also sei dir am besten beim Liebesakt dieses heiligen Momentes bewusst und zelebriere ihn! Jeder Tag der folgenden neun Schwangerschaftsmonate ist eine Investition in die Gesundheit deines Kindes. Das Wohlergehen des Ungeborenen sollte unbedingt an erster Stelle stehen und alles andere dem untergeordnet werden. Wie kann das aber gelingen? Versuche, die Schwangerschaft so harmonisch und entspannt wie nur möglich zu erleben. Lass dir all deine Wünsche erfüllen, achte auf dich und lebe (und vor allem genieße!) deine Weiblichkeit.
yoga.ZEIT hat den Ayurveda-Arzt E. P. Jeevan (B. A. M. S.) zum Thema Ayurveda in der Schwangerschaft, zum Einfluss des Verhaltens und der Ernährung der Mutter auf das Kind und zu ayurvedischen Maßnahmen zur Vorbeugung von Schwangerschaftsbeschwerden befragt.
yoga.ZEIT: Wie wird die Zeugung eines neuen Lebens aus Sicht des Ayurveda betrachtet?
E. P. Jeevan(B.A.M.S.): Die Zeugung wird „SHANTI MUHURTA“ genannt. Den besten Moment für die Zeugung gibt der vedische Astrologe vor. Er hält sich hierbei an die Planetenkonstellation für Mann und Frau.
yoga.ZEIT: Ist die Konstitution des Ungeborenen bereits bei der Zeugung festgelegt – oder kann die werdende Mutter diese in der Schwangerschaft noch beeinflussen?
E. P. Jeevan: Die Konstitution des Ungeborenen formt sich im Moment der Zusammenkunft von Sperma und Ei. Die Konstitution steht fest und kann nicht mehr von der Mutter beeinflusst werden. Die Mutter beeinflusst aber durch das, was sie isst, in welchem Klima sie sich aufhält und wie ihr mentaler Zustand ist, den Charakter des Babys. Die Seele des Ungeborenen fügt sich dann in Körper und Geist des Ungeborenen mit dem positiven und negativen Karma ein.
yoga.ZEIT: Welche Bedeutung haben die körperliche Konstitution der werdenden Mutter und ihre mentale Verfassung für das Ungeborene?
E. P. Jeevan: Die mentale und körperliche Verfassung der Mutter hat Einfluss auf mögliche Krankheiten des Babys (Vikriti), kann aber nicht die Prakriti (die unveränderbare Grundkonstitution, Anm.) beeinträchtigen.
yoga.ZEIT: In Österreich beginnt der Mutterschutz acht Wochen vor der Geburt, das heißt, berufstätige Frauen sind sieben Schwangerschaftsmonate lang noch voll in den Berufsalltag integriert und oftmals vor allem mentalen Belastungen wie Stress ausgesetzt. Was hat Ayurveda dazu zu sagen?
E. P. Jeevan: Im modernen Indien gehen schwangere Frauen drei Monate vor der Geburt in Mutterschutz. Eigentlich ist die Schwangerschaft in drei Mal drei Monate gegliedert, und so sollte die Frau auch laut Ayurveda drei Monate vor und nach der Geburt Ruhe haben. In Österreich wäre es ebenfalls besser, vor der Geburt drei Monate Auszeit zu nehmen, um sich auf die Geburt vorzubereiten und die restliche Zeit nach der Geburt zu nützen. Es ist aber sehr erfreulich, dass die Karenzzeit in Österreich nach der Geburt so lange ist.
yoga.ZEIT: Was können Sie werdenden Müttern empfehlen, um eine entspannte Schwangerschaft zu genießen?
E. P. Jeevan: Im Ayurveda wird pro Monat erklärt, was zu tun bzw. zu befolgen ist, abhängig von der Entwicklung des Babys. Zum Beispiel findet im zweiten Monat die Entwicklung des Blutgewebes statt, und hier sollte vermehrt „rotes Obst“ wie z.?B. Traubensaft oder Weintrauben konsumiert werden. Im sechsten Monat findet die Gehirnentwicklung statt – hier unterstützt die BRAHMI-Pflanze. Diese wird als Nahrungszusatz zur Unterstützung der Gehirnentwicklung eingenommen.
yoga.ZEIT: Welche Tipps hält Ayurveda bei Schwangerschaftsbeschwerden wie zum Beispiel Anämie, Ödemen, Krampfadernbildung, Übelkeit, Sodbrennen oder Rückenschmerzen bereit? Wie kann man vorbeugen?
E.?P.?Jeevan?: Ayurveda erklärt zum Beispiel, wo Schwangere sich aufhalten sollen, des Weiteren gibt es umfangreiche Ernährungsempfehlungen und spezielle ayurvedische Anwendungen. Kein Stress und mehr auf sich Acht geben ist die Devise in der Schwangerschaft.
yoga.ZEIT: Viele Frauen fürchten sich vor einer zu starken Gewichtszunahme in der Schwangerschaft. Wie wird das aus Sicht der Ayurveda betrachtet?
E. P. Jeevan: Eine Gewichtszunahme der werdenden Mutter ist normal – das Baby im Bauch ist am Wachsen. Vorsicht heißt es, wenn sich das Gewicht des Ungeborenen verändert und verstärkt zunimmt. Es sollte ein ayurvedischer Ernährungsplan befolgt werden: drei Mal täglich warmes ayurvedisches Essen zu sich nehmen – hier wird keine Gewichtszunahme oder nur vermindert spürbar, da sich das ayurvedische Essen innerhalb von zwei Stunden verdauen lässt und auch der Stuhlgang regelmäßig ist. Vergleich dazu: Einmal täglich schweres europäisches warmes Essen, beispielsweise fettiges Fleisch und fettige Beilagen, ist schwer verdaulich und beeinflusst den regelmäßigen Stuhlgang. Eine starke Gewichtszunahme ist in diesem Fall vorprogrammiert.
yoga.ZEIT: Im achten Schwangerschaftsmonat werden ja gemäß Ayurveda acht Tropfen Param Ojas von der Mutter auf das Kind übertragen. Was passiert da genau, wie kann man sich das vorstellen?
E. P. Jeevan: Im achten Monat der Schwangerschaft findet der Austausch des „Lebenselixieres“ zwischen Mutter und Kind statt. Dieses so genannte PARAM OJAS ist lebensnotwendig für uns Menschen, ohne es kann kein Leben bestehen. In diesem achten Monat werden von der Mutter in Form dieses Lebens- bzw. Überlebenselixieres die Abwehrstoffe und das Immunsystem an das Ungeborene weitergegeben.
yoga.ZEIT: Wie kann sich die werdende Mutter auf das Großereignis Geburt optimal vorbereiten?
E. P. Jeevan: Eine werdende Mutter sollte in ein Geburtshaus (SOOTHIKA GRUHA) gehen. In Deutschland ist das der neue Trend und es gibt bereits sehr viele Geburtshäuser – das kommt sicherlich auch vermehrt in der nächsten Zeit nach Österreich. In einer schön dekorierten Umgebung sollten in den letzten Tagen der Schwangerschaft kleine Öleinläufe für eine leichtere Geburt gemacht werden, sodass ein Kaiserschnitt häufig vermieden werden kann. Als Position für die Geburt wäre die so genannte „indische Brücke“ empfehlenswert.
yoga.ZEIT: Gibt Ayurveda auch Empfehlungen für die werdenden Väter?
E. P. Jeevan: Der werdende Vater muss das Bewusstsein erlangen, dass er ab dem Moment der Geburt nicht mehr nur ein Ehemann oder Geliebter sein wird, sondern auch zusätzlich VATER. Mit der Geburt einer Tochter (PUTRA) oder eines Sohnes (PUTRI) erlangt er ein unbeschreibliches Glück.
Dieses Interview hat für yoga.ZEIT Iris Weiland geführt.
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